Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Schuldzinsen sind nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn der Beteiligte die - durch den Erwerb einer Beteiligung ausgelöste - Überziehung des Kontos zunächst mit Eigenmitteln ausgleicht und ein Darlehen erst zur Auszahlung gelangt, wenn ein neuer Sollsaldo besteht.
Sachverhalt
Ein Investor erwarb eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds und finanzierte den Kaufpreis zulasten seines Girokontos. Um den Negativsaldo auszugleichen, buchte er anschließend Eigenmittel auf das Konto. Erst einige Monate später - nach dem Erwerb diverser Aktienfonds - gelangten mehrere Darlehen zur Auszahlung. Sein Kontostand entwickelte sich - vereinfacht dargestellt - wie folgt:
Kontoentwicklung |
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in DM |
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Anfangsstand |
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10.000 |
+ |
29.12.1998 |
Kaufpreis Beteiligung |
105.000 |
- |
Zwischenstand |
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95.000 |
- |
28.01.1998 |
Ausgleich mit Eigenmitteln |
100.000 |
+ |
Zwischenstand |
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5.000 |
+ |
02.02.1999 |
Kaufpreis Aktienfonds |
200.000 |
- |
Zwischenstand |
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195.000 |
- |
24.02.1999 |
Auszahlung Darlehen 1+2 |
105.000 |
+ |
24.02.1999 |
Auszahlung Darlehen 3+4 |
105.000 |
+ |
Endstand |
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15.000 |
+ |
Der Investor wollte die Darlehenszinsen aus dem Darlehen 1 + 2 der Beteiligung zuordnen und als Sonderwerbungskosten abziehen. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an und verwies auf den fehlenden Finanzierungszusammenhang zwischen dem Darlehen und dem Erwerb der Beteiligung.
Entscheidung
Ein Abzug der Schuldzinsen kommt nicht in Betracht, da das Darlehen nicht tatsächlich zur Finanzierung der Beteiligung verwendet worden ist und es daher an dem erforderlichen Finanzierungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Beteiligung fehlt. Bei Darlehensaufnahme bzw. -auszahlung bestand keine Überziehung mehr, die durch den Kauf der Beteiligung verursacht war, da der Sollsaldo des Kontos bereits durch die Zuführung von Eigenmitteln ausgeglichen war. Die Kredite glichen vielmehr einen erneuten Sollsaldo aus, der durch die Anschaffung der Aktienfonds entstanden war. Der Steuerpflichtige kann den geforderten wirtschaftlichen Zusammenhang zudem nicht durch bloßen Willensakt herstellen.
Hinweis
Der Urteilsfall zeigt, wie eng der Zusammenhang zwischen Darlehen und dem Erwerb einer Einkunftsquelle sein muss. Eine sichere Variante zur Wahrung des Finanzierungszusammenhangs ist, eine Kaufpreiszahlung über ein Konto zu tätigen, dessen Guthaben bereits aus Darlehensmitteln gebildet wurde.
Das FG weist zudem darauf hin, dass der Finanzierungszusammenhang auch gewahrt bleibt, wenn das Girokonto zunächst überzogen und später durch ein ausgezahltes Darlehen ausgeglichen wird. Das vorübergehende Zuführen von Eigenmitteln ist - wie der Urteilsfall zeigt - hingegen steuerlich nicht anzuraten.
Das letzte Wort muss nun der BFH sprechen, die Revision ist unter dem Az. IX R 22/10 anhängig.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2010, 13 K 2442/07 F