2.1 Nachschüssige ganzjährige Verzinsung
Dekursive Verzinsung
Zinseszinsen entstehen, wenn die Zinsen am Periodenende nicht ausgezahlt, sondern dem zu verzinsenden Kapital zugeschlagen und somit künftig ebenfalls verzinst werden. Zinseszinsen sind nach § 248 Abs. 1 BGB bei Geschäften zwischen Privatpersonen unzulässig. Ein solcher Vertrag ist nichtig. Jedoch bestimmt § 248 Abs. 2 BGB, dass Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften Zinseszinsen verlangen können. Die Verzinsung erfolgt im Regelfall am Schluss einer jeden Zinsperiode. Man spricht hierbei von dekursiver Verzinsung (Dekurs, lat. = Verlauf, Ablauf). Die Zinsen werden also erst dann zum Kapital gerechnet, wenn die Periode abgelaufen ist (= nachschüssige oder Postnumerando-Verzinsung).
Problem:
Ein heutiges Kapital K0 wächst im Laufe von n Jahren beim Zinssatz i auf das Kapital Kn an. Für praktische Berechnungen fragt man: Wie errechnet man den Endwert Kn, wenn der Barwert K0, genau wie der Zinssatz i und die Aufzinsungszeit n, bekannt ist?
Abb. 2: Aufzinsen
Aufzinsungsformel
Am Ende eines beliebigen Jahres n wird der Wert des heutigen Kapitals mit Hilfe der Aufzinsungsformel (6) errechnet, indem man den ursprünglichen Wert (Barwert, Gegenwartswert) mit dem Aufzinsungsfaktor multipliziert. Der Controller entnimmt den Aufzinsungsfaktor (AuF) (wie die übrigen finanzmathematischen Faktoren) finanzmathematischen Tabellenwerken. Er kann ihn auch mit dem Taschenrechner errechnen.
(6) |
Kn = K0(1+i)n = K0 x AuF |
→ |
Aufzinsungsfaktor (AuF) |
Ein Vater legt bei der Geburt seiner Tochter ein Sparbuch mit 10.000 Euro an. Das Kreditinstitut gewährt einen Zinssatz von i = 0,05 = 5%. Über welchen Geldbetrag Kn kann die Tochter nach n = 18 Jahren verfügen?
Lösung:
Kn = 10.000 x (1 + 0,05)18 = 10.000 x 2,406619 = 24.066,19 (Euro) |
Abb. 3: Aufzinsen
Ergebnis: Nach 18 Jahren verfügt die Tochter über ein Guthaben von 24.066,19 Euro.
Vorteilhafte Tabelle
Der Vorteil der Aufzinsungsformel (6) wird deutlich, wenn man sich die Aufgabe stellt, das Endguthaben im obigen Beispiel ohne Formel Schritt für Schritt zu errechnen. Dazu bedarf es einer Tabelle, die in 18 Zeilen 18 Zinsberechnungen einzeln durchführt – eine Menge Rechenarbeit, die die Aufzinsungsformel dem Controlling erspart.
Jahr |
Anfangsguthaben |
Zinsen |
Endguthaben |
1 |
10.000,00 |
500,00 |
10.500,00 |
2 |
10.500,00 |
525,00 |
11.025,00 |
3 |
11.025,00 |
551,25 |
11.576,25 |
. |
|
|
|
. |
|
|
|
. |
|
|
|
18 |
22.920,18 |
1.146,01 |
24.066,19 |
Abb. 4: Tabellarisches Aufzinsen
Auf welche Summe wäre ein Pfennig angewachsen, wenn er vom Zeitpunkt 0 bis zum Zeitpunkt 2000 mit 5% verzinst worden wäre?
Lösung:
Abb. 5: Aufzinsen
Ergebnis: Das ist ein unvorstellbar großer Geldbetrag. Rechnet man das Kilo Gold mit 10.000 Euro, so könnte man damit
Kilogramm Gold kaufen. Das ist immer noch unvorstellbar. Teilt man diese Goldmenge durch die Erdmasse von 5,973 x 1024 kg, so gelangt man zu 2,009 x 1011. Danach wären rund 200 Milliarden goldene Erdkugeln nötig, um den Endwert des Pfennigs aus alter Zeit zu repräsentieren. Dieses Ergebnis gibt eine gewisse Vorstellung von der Wucht eines sich ständig beschleunigenden Wachstums und der enormen Bedeutung von Zinseszinsen bei langfristigen Geschäften.
Abzinsungsformel
Problem: Die Aufzinsungsformel (6) beantwortet die Frage, welcher Endwert Kn zu einem heutigen Wert K0 gehört. Wenn dagegen der Endwert Kn bekannt und der zugehörige Barwert K0 gesucht ist, ist die Abzinsungsformel einzusetzen. Diese ergibt sich, indem man die Aufzinsungsformel Kn = K0(1+i)n nach der nunmehr gesuchten Größe K0 auflöst.
Man erhält dann:
AbF = Abzinsungsfaktor
Diese Formel heißt Abzinsungsformel. Der Faktor
ist der Abzinsungsfaktor. Er wird gelegentlich auch als q-n geschrieben. Weil diskontieren abzinsen heißt, wird der Abzinsungsfaktor gelegentlich auch Diskontierungsfaktor genannt.
Ein Mitinhaber eines Unternehmens scheidet aus. Seine Abfindung beträgt 300.000 Euro, fällig nach 3 Jahren. Er erhält über diese Summe einen Wechsel. Was könnte ihm eine Bank, die mit 5% rechnet, heute dafür geben?
Lösung:
Abb. 6: Abzinsung
Ergebnis: Der Barwert des Wechsels beträgt 259.151 Euro.
2.2 Einfache Zinsen und Zinseszinsen
Einfache Zinsen
Einfache Zinsen werden dem zu verzinsenden Kapital nicht zugeschlagen, also künftig nicht mitverzinst. Zinseszinsen entstehen, wenn die zum Periodenende anfallenden Zinsen nicht ausgezahlt, sondern dem zu verzinsenden Kapital zugeschlagen und künftig mitverzinst werden. Der Unterschied zwischen einfacher Verzinsung und Zinseszinsen wirkt sich wie folgt auf die Aufzinsungsformel aus:
Man vergleiche die Kapitalentwicklung bei einfacher und Zinseszinsrechnung. Das Anfangskapital sei K0 = 100 Euro, der Zinssatz i = 0,10 = 10%, die Laufzeit n = 10 Jahre.
Lösung:
Einfache Zinsen |
Zinseszinsen |
K2 = 100 + 100 x 2 x 0,10 = 120 |
K2 = 100 + 1,210000 = 121,00 |
K4 = 100 + 100 x 4 x 0,10 = 140 |
K4 = 100 + 1,464100 = 146,41 |
K6 = 100 + 100 x 6 x 0,10 = 160 |
K6 = 100 + 1,771561 = 177,16 |
K8 = 100 + 100 x 8 x 0,10 = 180 |
K8 = 100 + 2,143589 = 214,36 |
K10 = 100 + 100 x 10 x ... |