Leitsatz
1. Verpflichtet sich der Steuerpflichtige in einem Vertrag zur Regelung der Scheidungsfolgen, seinen bislang Verlust bringenden Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt nach Zurückführung der betrieblichen Kredite schuldenfrei auf seinen Ehegatten zur Weiterführung durch diesen zu übertragen, hat er fortan keine Gewinnerzielungsabsicht, wenn er bis zur Übertragung auch bei Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns keinen Totalgewinn erzielen kann.
2. Die Übertragung eines Betriebs zwischen Ehegatten aufgrund eines Vermögensauseinandersetzungsvertrags im Zusammenhang mit der Beendigung ihrer Zugewinngemeinschaft ist ein entgeltliches Geschäft (Anschluss an BFH, Urteil vom 15.2.1977, VIII R 175/74, BStBl II 1977, 389).
Normenkette
§ 2 Abs. 1 EStG , § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger betrieb u.a. ein Fitness-Center in gemieteten Räumen. In den Jahren 1982 bis 1992 erwirtschaftete er ausschließlich Verluste. 1987 trennte er sich von seiner Ehefrau und schloss mit ihr einen umfänglichen Auseinandersetzungsvertrag. Dort verpflichtete er sich, das Fitness-Zentrum "in ca. 5 bis 7 Jahren", nach Rückzahlung der Betriebskredite, schuldenfrei auf die Ehefrau zu übertragen und bis dahin die Ehefrau gegen ein Monatsgehalt von 3.000 DM als Studioleiterin einzusetzen. Am 1.1.1993 übergab er den Betrieb vereinbarungsgemäß an die (frühere) Ehefrau, die fortan stets Gewinne erzielte.
Das FA nahm für das Streitjahr 1988 Liebhaberei an. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (EFG 2000, 118). Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
1. Anders als in "intakten" Ehen pflegten geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten einander nichts zu schenken. Vermögensübertragungen (hier: Fitness-Center) hätten deshalb regelmäßig und auch hier Entgeltscharakter.
2. Maßgebender Prognosezeitraum für die Gewinnerzielungsabsicht sei der Zeitraum zwischen dem Streitjahr 1988 und der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit des Klägers mit Ablauf des Jahres 1992.
Entgegen der Ansicht des Klägers sei für die Prüfung, ob er selbst den Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt habe, nicht die Entwicklung des Betriebs nach dessen Übertragung auf seine frühere Ehefrau zu berücksichtigen, weil diese den Betrieb entgeltlich erworben habe. Danach könne eine Gewinnerzielungsabsicht des Klägers nur angenommen werden, wenn er aus der maßgeblichen Sicht des Streitjahres (1988) in dem ihm verbleibenden restlichen Zeitraum seiner Betriebsinhaberschaft mit Wahrscheinlichkeit einen zumindest bescheidenen Gesamtgewinn, einschließlich eines etwaigen Veräußerungsgewinns (§ 16 EStG), habe erwarten können. Dies werde das FG im 2. Rechtsgang prüfen müssen.
Hinweis
Im Streitfall ging es um die Frage, ob der Betrieb eines Fitness-Centers, der über einen längeren Zeitraum lediglich Verluste erwirtschaftete, als "Liebhaberei" einzustufen war. Die Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht setzt eine Prognose über den während der gesamten betrieblichen Tätigkeit erzielbaren Totalgewinn voraus. Hinsichtlich der Bemessung des dabei zugrunde zu legenden Prognosezeitraums hat die Rechtsprechung – je nach Art des Betriebs und der jeweils einschlägigen Einkunftsart – anerkannt, dass ein Betrieb – bei dessen unentgeltlichem Übergang – mehrere Generationen umfassen kann (so für land- und forstwirtschaftlichen Betrieb BFH, Urteil vom 24.8.2000, IV R 46/99, BStBl II 2000, 674). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hat der BFH den Prognosezeitraum abstrakt auf 30 Jahre festgelegt (BFH, Urteil vom 6.11.2001, IX R 97/00, BFH-PR 2002, 129).
Eine besondere Begrenzung erfährt der maßgebliche Prognosezeitraum allerdings – wie auch der Streitfall zeigt – dadurch, dass sich der Steuerpflichtige vertraglich bindet oder sich auch nur eine Option verschafft, die Einkunftsquelle (z.B. den Betrieb oder das vermietete Grundstück) innerhalb einer bestimmten (bestimmbaren) Frist zu verkaufen. Kann der Steuerpflichtige innerhalb des derart verkürzten Prognosezeitraums (Zeitraum bis zum Ablauf der Frist) einen Totalgewinn oder -überschuss nicht erzielen, ist die Einkünfteerzielungsabsicht grundsätzlich zu verneinen (vgl. BFH, Urteile vom 31.3.1987, IX R 111/86, BStBl II 1987, 668; vom 14.9.1994, IX R 71/93, BStBl II 1995, 116; vom 5.9.2000, IX R 33/97, BStBl II 2000, 676).
Anders als in den bisher angesprochenen Fällen der entgeltlichen Veräußerung der Einkunftsquelle liegt es m.E. bei deren unentgeltlicher Übertragung. Hier befürwortet die Rechtsprechung – jedenfalls inzidenter –, dass auch der Zeitraum der Fortführung des Betriebs durch den Rechtsnachfolger (z.B. Erben) in den Prognosezeitraum einbezogen wird (BFH, Urteil vom 6.11.2001, IX R 97/00).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 31.7.2002, X R 48/99