Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Ein Kontenmodell zur flexiblen Arbeitszeitregelung führt nicht zu einer nachgelagerten Besteuerung, wenn der Arbeitnehmer bereits in der Ansparphase wirtschaftlich über die angesparten Beträge verfügen kann. Die Lohnbesteuerung muss daher bereits in der Ansparphase erfolgen, urteilte das FG Münster.
Sachverhalt
Ein Arbeitgeber wollte ein Modell zur flexiblen Arbeitszeitregelung anbieten und holte deshalb eine Anrufungsauskunft beim Finanzamt ein (§ 42e EStG). Nach dem erdachten Konten-Modell konnten die Arbeitnehmer freiwillig auf die Auszahlung von Lohnbeträgen verzichten und die Beträge stattdessen auf einem sog. FLEXI-Konto ansparen. Korrespondierend zu diesem Konto richtete der Arbeitgeber bei einer Bank ein Vermögensverwaltungsdepot ein, in das er die Gelder einzahlte. Mit dem Guthaben sollte der Arbeitnehmer später eine Reduzierung seiner Arbeitszeit finanzieren können - er konnte aber auch die Auszahlung des Guthabens verlangen. Zudem durfte er selbst über die Anlagestrategie bestimmen; die Wertentwicklung des Depots wurde im sog. FLEXI-Konto nachvollzogen. Der Arbeitgeber legte sein Modell dem Finanzamt vor und bat um die Auskunft, ob die Beträge bereits in der Ansparphase oder erst bei Auszahlung (nachgelagert) als Arbeitslohn zu versteuern sind. Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass die Beträge bereits in der Ansparphase der Lohnbesteuerung unterliegen - gegen diese Auskunft klagte der Arbeitgeber.
Entscheidung
Das FG schloss sich der Auffassung des Finanzamtes an und urteilte, dass dem Arbeitnehmer bereits in der Ansparphase (der Lohnversteuerung unterliegender) Arbeitslohn zufließt. Ausschlaggebend ist, dass der Arbeitnehmer bereits in der Ansparphase wirtschaftlich über die Beträge auf dem FLEXI-Konto verfügen kann, da er die Anlagestrategie vorgibt, direkt am Gewinn und Verlust des Depots beteiligt ist (bis zum Totalverlust) und das Kontoguthaben mit einer nahezu beliebigen Begründung abrufen kann.
Hinweis
Mit Schreiben vom 17.6.2009 hat das BMF zusammengestellt, unter welchen Voraussetzungen die Finanzverwaltung eine nachgelagerte Besteuerung bei sog. Zeitwertkontenmodellen akzeptiert.
Dass eine Mitbestimmung der Anlagestrategie durch den Arbeitnehmer und die Möglichkeit des Totalverlusts gegen eine Anerkennung als Zeitwertkonto und somit gegen eine nachgelagerte Besteuerung spricht, hat die OFD Hannover bereits in ihrer Verfügung vom 9.7.2008 (S 2333-217-StO 217) dargestellt.
Der BFH hat die Anrufungsauskunft in seinen Urteilen vom 30.4.2009 (VI R 54/07) und vom 2.9.2010 (VI R 3/09) als feststellenden Verwaltungsakt i. S. des § 118 Satz 1 AO qualifiziert und damit erst die direkte Anfechtung der Anrufungsauskunft ermöglicht.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 24.03.2011, 8 K 3696/10 E