Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 10
Da der Gesetzgeber die Art der Kassenführung nicht vorschreibt, besteht keine Verpflichtung zur Führung eines digitalen Kassensystems. Es ist also steuerlich zulässig, nur eine offene Ladenkasse zu verwenden oder neben einer elektronischen Kasse zusätzlich eine offene Ladenkasse einzusetzen. Das BMF-Schreiben v. 12.1.2022 bringt für offene Kassen Erleichterungen zur Einzelaufzeichnungspflicht:
- Steuerpflichtige, die kein digitales System verwenden, müssen grundsätzlich jeden Buchungsvorgang einzeln erfassen, es sei denn, ihnen ist dies nicht zuzumuten oder weil technische, wirtschaftliche oder praktische Gründe dem entgegenstehen. Die Beweislast dafür trägt regelmäßig der Steuerpflichtige. Die Zumutbarkeit ist nicht mehr gesondert durch die Finanzverwaltung zu prüfen.
- Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass er Waren (oder Dienstleistungen) an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung verkauft.
Ausnahmen von der Einzelaufzeichnung bei der Kassenführung sind also gegeben, wenn in Einzelhandelsbetrieben Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden; hier ist es nicht erforderlich, die baren Betriebseinnahmen für jedes einzelne Geschäft aufzuzeichnen. Das betrifft insbesondere die Kassenführung im Einzelhandel mit Lebensmitteln, Tabakwaren, Schreibwaren, Kurzwaren, Marktstände, Stehbierhallen und Gaststätten.
In den folgenden Branchen sind die Einnahmen in jedem Fall bei der Kassenführung einzeln aufzuzeichnen:
- Hotel- und Beherbergungsgewerbe: Hier kommt es wegen der Meldepflicht gerade darauf an, dass die Gäste identifiziert werden können. Mit dem Vierten Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie soll dies aber vereinfacht bzw. gestrichen werden.
- Autoreparaturwerkstätten: Garantie- und Nachbesserungspflichten erfordern, dass die Reparaturen nach Zeitpunkt, Umfang, Inhalt und Kunden erfasst werden müssen.
- Restaurants und Gaststätten: Hier sind die Vertragspartner für Familienfeiern, Betriebsveranstaltungen, Seminarveranstaltungen und Tagungen namentlich bekannt.
- Freiberufler und Handwerker: Hier sind die Mandanten und Kunden in jedem Fall bekannt.
- Taxigewerbe: Einnahmen aus einzelnen Taxifahrten.
Weitere Einzelheiten siehe Rz 25 dieses Beitrages.
Rz. 11
vorläufig frei
Rz. 12
Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG
Die Abgabenordnung und das Einkommensteuergesetz enthalten jedoch keine Verpflichtung zur Führung eines Kassenberichts/Kassenbuchs für die Überschussermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind zwar u. a. auch die vereinnahmten Entgelte aufzuzeichnen und nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen diese Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmens und die abziehbaren Vorsteuer zu erhalten. Eine Regelung, dass vereinnahmte Barentgelte allerdings gesondert in einem Kassenbuch aufzuzeichnen sind, enthält weder §22 UStG noch die UStDV.
Dementsprechend setzt die Überschussrechnung voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Aufzeichnungen oder Belege nachgewiesen werden. Auch Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, sind verpflichtet, die ihre Gewinnermittlung zu Grunde liegenden Belege aufzubewahren und deren vollständige Erfassung zu gewährleisten. Eine solche Aufbewahrungspflicht ergibt sich in der Regel aus § 147 AO, aber auch aus der den Steuerpflichtigen obliegenden Feststellungslast.
Soweit der Steuerpflichtige die nach § 22 UStG und § 63 UStDV erforderlichen Aufzeichnungen digital unter Verwendung eines modernen PC-Kassensystems vornimmt, dass sowohl sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet als auch eine langfristige Aufbewahrung ermöglicht, sind diese digitalen Aufzeichnungen nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO aufbewahrungspflichtig.
In Fällen, in denen Steuerpflichtigen eine Einzelaufzeichnungspflicht nicht zugemutet werden kann, muss die Einnahmeermittlung – etwa bei Einsatz von Registrierkassen durch Erstellung und Aufbewahrung der Kassenendsummenbons – nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Die ggf. freiwillige und im eigenen Interesse liegende Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass nicht nur die geltend gemachten Betriebsausgaben als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden, sondern auch die Betriebseinnahmen vollständig erfasst sind. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahmen-Überschussrechnung Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen.