Leitsatz
Wird beim Erwerb eines Betriebs der Kaufpreis ermittelt, indem vom Wert des Vermögens Pensionsverpflichtungen abgezogen werden, sind die Pensionsverpflichtungen in den Folgebilanzen des Erwerbers mit dem bei der Kaufpreisfindung angesetzten Wert - und nicht mit dem Wert gem. § 6a EStG - zu bilanzieren. Um einen Verstoß gegen das Realisationsprinzip zu vermeiden, hat der Ansatz mit den Anschaffungskosten Vorrang vor einer Bilanzierung mit dem steuerlichen Teilwert.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, erwarb einen Betrieb und führte diesen fort. Gegenstand des Betriebsveräußerungsvertrages war insbesondere das Sachanlagevermögen. Darüber hinaus übernahm die Klägerin Pensionsverpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern. Bezüglich des Kaufpreises wurde vereinbart, dass vom Wert des Sachanlagevermögens der Wert der Pensionsverpflichtungen abzuziehen sei. Die Pensionsverpflichtungen wurden dabei gem. FAS 87 bewertet; dieser Wert überstieg den Teilwert gem. § 6a EStG. Die Klägerin bilanzierte die Pensionsverpflichtungen auch in der Folge mit dem Wert gem. FAS 87. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, die Pensionsverpflichtungen seien lediglich im Zeitpunkt der entgeltlichen Übertragung mit ihren Anschaffungskosten nach FAS 87 zu bewerten, in der ersten Folgebilanz seien jedoch wieder die Spezialvorschriften des § 6a EStG einschlägig. Durch die Abstockung der Pensionsrückstellungen wurde eine steuerpflichtige Gewinnerhöhung begründet. Hiergegen richtete sich die Klage.
Entscheidung
Das Gericht folgte der Klägerin und lehnte eine gewinnerhöhende Abstockung der Pensionsrückstellungen ab. Bei einem entgeltlichen Betriebserwerb sind übergehende Pensionsverpflichtungen mit dem von den Vertragsparteien auf den Kaufpreis angerechneten Anschaffungskosten zu bewerten, wenn dieser Wert wirtschaftlich angemessen ist. Eine Bewertung nach § 6a EStG scheidet dagegen aus, da daraus ein Erwerbsgewinn resultieren würde, der gegen das Realisationsprinzip verstößt. Aus diesem Grund scheidet auch bei der Folgebewertung ein Ansatz gem. § 6a EStG aus, bis der § 6a-Wert die Anschaffungskosten übersteigt. Aufwandswirksame Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen sind daher auch erst wieder ab diesem Zeitpunkt möglich.
Hinweis
Gegen die Entscheidung ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (Az.: I R 69/11). Die Entscheidung des FG Münster sollte allerdings im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH stehen (BFH, Urteil v. 16.12.2009, I R 102/08). Die erst kürzlich durch ein Schreiben des BMF bekräftige Meinung der Finanzverwaltung, wonach Pensionsverpflichtungen bei einem entgeltlichen Betriebserwerb in der Folgebilanz lediglich in Höhe des § 6a EStG anzusetzen sind, erscheint gerichtlich nicht haltbar (BMF, Schreiben v. 24.06.2011, IV C 6 - S 2137/0-03).
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 15.06.2011, 9 K 1292/07 K