3.1 Bedeutung des gerichtlichen Mahnverfahrens
Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein verkürztes, vereinfachtes und zügiges Verfahren, einen gerichtlichen Titel für die Vollstreckung zu bekommen. Es ist kostengünstiger als eine Klage, aber nur möglich, wenn es um reine Geldforderungen geht (z. B. Kaufpreis-, Werklohn- oder Darlehensforderungen). Sinn macht das Mahnverfahren aber nur dann, wenn der Schuldner sich voraussichtlich nicht gegen die Forderung wehren wird.
3.2 Vorgehensweise
Das Mahnverfahren kann der Unternehmer ohne anwaltliche Hilfe selbst betreiben, wenn er will.
Vor der Beantragung des Mahnbescheids empfiehlt sich unbedingt folgende Prüfung:
- Wurde dem Schuldner eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 UStG ausgestellt? Eine fehlerhafte Rechnung berechtigt den Schuldner nämlich, die Zahlung zurückzuhalten und der Gläubiger riskiert, dass der Gegner Widerspruch gegen den Mahnbescheid erheben wird.
- Wurde die der Rechnung zugrunde liegende Leistung gegenüber dem Kunden beanstandungsfrei erbracht? Das Mahnverfahren eignet sich nämlich nur dann, wenn der Kunde voraussichtlich gegen den Anspruch keine Einwände vorbringen kann und wird.
- Existiert eine genaue und korrekte Anschrift des Schuldners bzw. ist er verzogen? Anderenfalls kann der Mahnbescheid nicht zugestellt werden und bleibt wirkungslos. Man kann über die Post eine Anschriftenprüfung beantragen oder über das Einwohnermeldeamt des letzten Ihnen bekannten Wohnsitzes bzw. das Gewerbeamt der Ihnen bekannten Betriebsstätte gegen Gebühren Nachforschungen anstellen (siehe www.deutschepost.de oder www.supercheck.de). Power-User (z. B. Unternehmen oder Anwaltskanzleien) können einfache Melderegisterauskünfte (Vor- und Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften einzelner bestimmter Einwohner) nach Abschluss eines Vertrages online beantragen. Die Auskunft ist kostenpflichtig (https://freistaat.bayern/dokumente/leistung/66886554503).
- Liegen Erkenntnisse vor, dass der Schuldner zwischenzeitlich vermögenslos geworden ist? Falls ja, dann muss gründlich überlegt werden, ob es sich lohnt, "dem guten Geld besseres hinterher zuwerfen". Man sollte beim Amtsgericht – Insolvenzgericht –, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz-/Geschäftssitz hat, eine Anfrage stellen, ob ein Insolvenzantrag vorliegt (Liste aller Insolvenzgerichte: www.insolvenzgerichte.de und www.insolvenzbekanntmachungen.de/ap).
3.3 Voraussetzungen für das Mahnverfahren
Der Schuldner muss sich in Zahlungsverzug befinden. Die Leistung des Kunden muss also fällig sein. Die Fälligkeit ergibt sich aus der zwischen dem Unternehmer und dem Kunden getroffenen Zahlungsabsprache.
Ist kein Fälligkeitstermin ausdrücklich vereinbart, so muss der Schuldner grundsätzlich unverzüglich zahlen, also wenn der andere Vertragspartner seine Leistung erbracht hat.
Bei Entgeltforderungen tritt Verzug spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung ein, wenn bis dahin nicht vom Schuldner geleistet wurde. Aber: Verbraucher (aus Sicht des Unternehmers sind das Privatkunden) müssen hierauf in der Rechnung hingewiesen werden.
Wird der Kunde gemahnt, kommt dieser spätestens jetzt in Verzug.
Grundsätzlich sollte auf allen Rechnungen vom Unternehmer ein konkretes Zahlungsdatum (z. B. Zahlungseingang bis zum 20.11.2023) angegeben werden. Zahlt der Schuldner nicht, ist er ab dem 21.11.2023 in Verzug.
Folge des Verzuges: Gläubiger können vom Schuldner Verzugszinsen (§§ 288, 247 BGB) fordern. Diese liegen 5 Punkte über dem Basiszinssatz, wenn der Kunde Privatmann (Verbraucher gem. § 13 BGB) ist und bei 9 Punkten über dem Basiszinssatz, wenn der Schuldner auch Unternehmer (§ 14 BGB) ist. Die Höhe des aktuellen Basiszinssatzes kann man auf der Seite www.basiszinssatz.de erfahren (seit 1.1.2023: 1,62 %). Diese Seite enthält auch einen automatischen Zinsrechner, wenn man die entsprechende Forderung eingibt und das Ergebnis kann ausgedruckt werden.
Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 EUR (§ 288 Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Pauschale ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen (§ 288 Abs. 5 Satz 3 BGB). Die Verzugskostenpauschale kann nicht neben dem Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend gemacht werden.
3.4 Richtige Zuständigkeit des Mahngerichts
Örtlich zuständig ist ausschließlich das Amtsgericht, an dem der Gläubiger seinen Geschäftssitz hat. Allerdings gibt es in jedem Bundesland ein zentrales Mahngericht, das nur Mahnsachen bearbeitet. (Beispiel: Hat der Unternehmer seinen Geschäftssitz in Frankfurt/Main (Hessen), werden Mahnbescheide zentral vom Amtsgericht Hünfeld, Hauptstr. 24, 36088 Hünfeld, bearbeitet).
3.5 Form des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids
Der Erlass eines Mahnbescheids (Mahnverfahren: §§ 688 ff. BGB) kann nur mit einem offiziellen Formular beantragt werden; inzwischen ist es aber sehr einfach, online Mahnant...