3.1 Allgemeines
Die Haftungsverjährung wird in § 191 Abs. 3-5 AO normiert. Hierbei gilt, dass ein Haftungsbescheid nicht mehr erlassen werden darf, wenn die Festsetzungsfrist für den Erlass des Haftungsbescheids abgelaufen ist. Zu beachten ist insbesondere, dass dies nach § 191 Abs. 3 Satz 1 AO nur für den Erlass eines Haftungsbescheids gilt. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist können gleichwohl Haftungsbescheide zugunsten des Haftungsschuldners nach § 130 Abs. 1 AO zurückgenommen werden.
3.2 Verjährungsfristen
Für den Erlass von Haftungsbescheiden gibt es folgende Verjährungsfristen:
- 4 Jahre: Regelfall nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO:
- 5 Jahre: bei leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 70 AO:
- 10 Jahre: bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung nach §§ 70, 71 AO
- zivilrechtliche Regelung, vor allem bei Ausscheiden aus einer Personengesellschaft.
3.3 Fristbeginn
Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Haftungstatbestand verwirklicht worden ist. Erwirbt z. B. ein Haftungsschuldner in 04 ein Unternehmen, ist der Haftungstatbestand in diesem Jahr verwirklicht. Die Frist läuft somit unter Zugrundelegung der allgemeinen Verjährungsfrist von 4 Jahren Ende 08 ab.
3.4 Hemmung der Verjährung
Da die Haftungsschuld vom Bestand der Steuerschuld abhängt, endet die Festsetzungsfrist für die Haftung nicht, bevor auch die Festsetzungsfrist für die Steuer abgelaufen ist. Es gelten deshalb die Hemmungsbestimmungen entsprechend.
3.5 Verkürzung der Frist
Nach § 191 Abs. 5 AO kann, abweichend von den allgemeinen Bestimmungen, ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen:
- soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr festgesetzt werden kann oder
- soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer wegen des Eintritts der Zahlungsverjährung verjährt oder die Steuer erlassen worden ist.
Diese Ausnahmen gelten nach § 191 Abs. 5 Satz 2 AO allerdings dann nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner eine Steuerhinterziehung begangen hat.
3.6 Ausschluss eines Haftungsbescheids bei verfassungswidrigen Gesetzen
Hingewiesen werden muss weiterhin eine Begrenzung für den Erlass eines Haftungsbescheids, die sich nicht aus der AO direkt ergibt. Nach der Rechtsprechung des BFH darf ein Haftungsbescheid dann nicht mehr ergehen, wenn er auf einer Steuer beruht, die vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt worden ist. Begründet wird dies vor allem mit dem Rechtsgedanken des § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG, der die Vollstreckung aus einer verfassungswidrigen Norm untersagt.
3.7 Korrektur eines Haftungsbescheids nach Eintritt der Verjährung
Nicht ganz unumstritten ist, ob ein Haftungsbescheid, der fristgemäß erlassen wurde, später nach Ablauf der Festsetzungsfrist geändert werden kann. Nach Ansicht des BFH sind die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nur für den Erlass eines Haftungsbescheids anzuwenden, nicht aber auf eine spätere Änderung des Bescheids. Dies bedeutet, dass ein Haftungsbescheid, der vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen worden ist, auch nach dem Ablauf der Frist nach §§ 130, 131 AO zumindest zugunsten des Steuerpflichtigen korrigiert werden kann. Diese Ansicht teilt auch die überwiegende Auffassung in der Literatur.
Eine Änderung zulasten eines Steuerpflichtigen wird nach Ablauf der Festsetzungsfrist hingegen regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen. Dies gilt alleine schon deswegen, weil nach dem Ablauf der Verjährungsfrist von einem Vertrauensschutz im Regelfall ausgegangen werden kann. Eine Ausnahme wird man nur dann annehmen können, wenn ein solcher Vertrauensschutz nicht gegeben ist, z. B. weil der Haftungsschuldner bei Erlass des Bescheids falsche Angaben gemacht hat oder ihm eine etwaige falsche Höhe des Haftungsbescheids bekannt war.