Younes Melhem, Prof. Dr. Stefan Müller
4.1 Grundlegendes
Rz. 76
Einem Formwechsel ist zivilrechtlich keine tatsächliche Vermögensübertragung inhärent. Er führt jedoch zu einem Wechsel des Steuersubjekts und daher mitunter zu einer fiktiven Vermögensübertragung.
Für den Fall des Formwechsels in eine Personengesellschaft bestimmt § 9 Satz 1 UmwStG daher, dass die §§ 3–8 und 10 UmwStG entsprechend anzuwenden sind. Darüber hinaus sind im Fall eines Formwechsels von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft die §§ 20–23 UmwStG sowie § 9 Sätze 2, 3 UmwStG entsprechend anzuwenden. Bei einem Formwechsel von einer GmbH in eine AG (vice versa) sind ertragsteuerlich grundsätzlich keine Konsequenzen zu ziehen.
4.2 Formwechsel in eine Personengesellschaft
Rz. 77
Für Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft schreibt § 9 Satz 1 UmwStG die Anwendung der für entsprechende Verschmelzungsvorgänge relevanten §§ 3–8 und 10 UmwStG vor. Insofern wird auf die Ausführungen unter "Verschmelzung (Rechnungslegung)", Rz. 77 ff., verwiesen.
Rz. 78
Da handelsrechtlich keine Bilanzen zum Übertragungsstichtag erstellt werden, bedingt § 9 Satz 2 UmwStG im Falle eines Formwechsels eine Übertragungsbilanz (entspricht bei Anwendung des § 9 Satz 3 UmwStG der steuerlichen Schlussbilanz; bei Nichtanwendung sind über den Verweis auf die §§ 3–8 UmwStG jedoch auch die Vorschriften zur steuerlichen Schlussbilanz maßgebend) seitens der Kapitalgesellschaft sowie eine Eröffnungsbilanz seitens der Personengesellschaft zum Zeitpunkt des Wirksamwerden des Formwechsels (Zeitpunkt der Eintragung im Register) zu erstellen. Wird das Wahlrecht des § 9 Satz 3 UmwStG in Anspruch genommen, ist auch eine Aufstellung der Schluss- bzw. Eröffnungsbilanz auf einen Stichtag gestattet, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in ein öffentliches Register liegt. § 9 Satz 3 UmwG setzt entsprechend voraus, dass die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. Fällt der Stichtag der Schlussbilanz i. S. d. UmwG auf den Stichtag des Jahresabschlusses, kann auf die gesonderte Aufstellung einer Schluss- bzw. Übertragungsbilanz verzichtet werden.
Rz. 79
Gemäß § 9 Satz 3 2. Halbsatz UmwStG gilt § 2 Abs. 3 und 4 UmwStG betreffend die steuerliche Rückwirkung entsprechend. Durch den Verweis des § 9 Satz 3 2. Halbsatz UmwStG auf § 2 Abs. 3 UmwStG wird eine Anwendung der Vorschriften zur steuerlichen Rückwirkung ausgeschlossen, sofern Einkünfte aufgrund abweichender Regelungen zur Rückbeziehung in einem anderen Staat der Besteuerung entzogen werden.
Rz. 80
Wird eine eigene Übertragungsbilanz aufgestellt, so gelten die gesetzlichen Aufstellungsfristen in Abhängigkeit der Rechtsform und Unternehmensgröße.
Rz. 81
Mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, der entweder dem Tag des Wirksamwerdens des Formwechsels – also dem Zeitpunkt der Eintragung im Register – oder dem Tag der Aufstellung bei Einhaltung der 8-Monats-Frist entspricht, werden das Einkommen sowie das Vermögen der Kapitalgesellschaft sowie deren Anteilseigner Einkommen/Vermögen der Personengesellschaft.
4.3 Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft
Rz. 82
Gemäß § 25 Satz 1 UmwStG sind in den Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft die §§ 20–23 UmwStG (Einbringungen) entsprechend anzuwenden. Insofern wird auf die Ausführungen in "Spaltung: Rechnungslegung", Rz. 123–163, verwiesen. Da § 25 UmwStG keine eigene Rückwirkungsregelung enthält, verweist § 25 Satz 2 UmwStG auf die Vorschriften des § 9 Satz 2, 3 UmwStG und schreibt deren analoge Anwendung vor. Siehe dazu Rz. 78 ff.