LfSt Bayern v. 9.3.2012, S 7179.1.1 - 10/1 St 33
Anlass
In letzter Zeit sind vermehrt Fälle bekannt geworden, die auf eine uneinheitliche Umsatzbesteuerung von Fort- und Weiterbildungseinrichtungen schließen lassen. Einrichtungen, die Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung anbieten, wenden zum Teil die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG an, zum Teil unterwerfen sie ihre Umsätze aus Seminaren/Kursen der Umsatzsteuerpflicht. Um eine gleichmäßige Umsatzbesteuerung in diesem Bereich sicherzustellen, bitte ich Folgendes zu beachten:
Gesetzliche Grundlage
Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind unter anderem steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen … anderer … berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf … vorbereiten.
Berufsbildende Einrichtungen
Berufsbildende Einrichtungen sind (unabhängig von ihrer Rechtsform) Unternehmer, die Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder Berufsfortbildung dienen. Sie müssen spezielle Kenntnisse vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStAE). Die Vorbereitung auf einen Beruf umfasst demnach nicht nur – wie nach dem Wortlaut vermutet werden könnte – die berufliche Ausbildung und Umschulung, sondern auch die berufliche Fortbildung. Die Dauer der jeweiligen Maßnahme ist unerheblich (Abschn. 4.21.2 Abs. 3 Satz 1 UStAE).
Dass an diesen Maßnahmen Personen teilnehmen, die bereits einen Beruf erlernt und ausgeübt haben und somit bereits über eine gewisse Qualifikation verfügen, ist Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen eigen und daher für die Befreiung unschädlich. Das Gleiche gilt für Leistungen im Bereich der allgemeinen Fort- und Weiterbildung (wie z.B. IT-Schulungen, Schulungen im Bereich Sozialkompetenz, Zeitmanagement u.Ä.). Gemäß Abschn. 4.21.2 Abs. 5 UStAE erbringt z.B. eine Einrichtung, die Unterricht für das Erlernen des Umgangs mit Computern erteilt, unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen.
Voraussetzung der Steuerbefreiung
Kommt nach den obigen Ausführungen für eine private Bildungseinrichtung die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in Betracht, ist zu prüfen, ob
- sie unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen erbringt und
- die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.
Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
Leistungen dienen dem Schul- und Bildungszweck dann unmittelbar, wenn dieser gerade durch die jeweils in Frage stehende Leistung erfüllt wird. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG ist ausreichend, dass die darin bezeichneten Leistungen ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder der Berufsfortbildung dienen. Es ist unerheblich, wem gegenüber sich der Unternehmer zivilrechtlich zur Ausführung dieser Leistungen verpflichtet hat (Abschn. 4.21.4 Abs. 1 Satz 1 bis 3 UStAE). Daher ist es insbesondere unschädlich, wenn Vertragspartner der Arbeitgeber ist, obwohl Teilnehmer der/die Arbeitnehmer sind.
Bescheinigung der Landesbehörde
Materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist außerdem die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde. Diese Bescheinigung kann auch Einrichtungen erteilt werden, deren Kurse zwar nicht im wörtlichen Sinne auf einen bestimmten Beruf vorbereiten, aber spezielle, berufsdienliche Kenntnisse vermitteln (siehe oben).
Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG besteht kein Wahlrecht. Erfüllt daher eine Einrichtung die oben genannten Voraussetzungen, liegt aber bisher keine Bescheinigung der Landesbehörde vor, ist der Unternehmer anzuhalten eine entsprechende Bescheinigung zu beantragen. Unterlässt er dies, ist das FA berechtigt und verpflichtet, die Bescheinigung von Amts wegen zu beantragen (Abschn. 4.21.5 Abs. 2 Satz 1 und 2 UStAE).
Örtlich zuständige Landesbehörde ist jeweils die Regierung, in deren Regierungsbezirk die betreffende Einrichtung ihren Sitz hat:
Die...