Leitsatz
Eine Steuerberatungsgesellschaft darf den Namen eines ausgeschiedenen Gesellschafters auch dann in ihrer Firma weiterführen, wenn dessen Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrufen worden ist. Die Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer enthält keine Rechtsgrundlage dafür, einer Steuerberatungsgesellschaft eine Änderung ihrer Firma deshalb abzuverlangen, weil die abstrakte Gefahr besteht, dass ihr Namenspatron unter ihrer Firma unzulässige selbstständige Hilfe in Steuersachen leisten könnte.
Normenkette
§ 50, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1, § 86 Abs. 2 Nr. 2 StBerG, § 56 Abs. 2 S. 4 BOStB
Sachverhalt
Eine Steuerberatungsgesellschaft führt in ihrem Namen den Zunamen eines ehemaligen Gesellschafters (A). Die Zulassung des A als Steuerberater ist wegen Vermögensverfalls widerrufen worden; er ist jedoch nach wie vor vereidigter Buchprüfer und Geschäftsführer der Gesellschaft. Die Steuerberaterkammer ist der Auffassung, die Gesellschaft dürfe den Namen des A nicht mehr in ihrer Firma führen. Da sich die Gesellschaft der Änderung ihrer Firma widersetzt hat, hat die Steuerberaterkammer deren Anerkennung widerrufen.
Entscheidung
Der BFH hat den Widerrufsbescheid und das klageabweisende Urteil des FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.02.2007, 6 K 410/06, Haufe-Index 1728602, EFG 2007, 1275) aufgehoben. Eine Gefahr für das Ansehen des Berufs sei nicht festgestellt. Dass A seinen entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft trotz Widerrufs seiner Bestellung beizubehalten versuche, sei ihm als vereidigtem Buchprüfer nicht verboten.
Hinweis
Das Berufsrecht der Steuerberater und der Steuerberatungsgesellschaft ist vornehmlich in der sog. Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer, also einer Satzung, geregelt. Das beruht auf einer gesetzlichen Ermächtigung und ist auch unter dem Aspekt des europäischen Rechts nicht zu beanstanden. Die Vereinbarkeit der Bestimmungen der Berufsordnung mit höherrangigem Recht ist freilich von den FGen sorgfältig zu prüfen und nicht immer zweifelsfrei!
So bestimmt § 56 Abs. 2 S. 4 BOStB, dass die Namen ausgeschiedener Gesellschafter in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft zwar grundsätzlich weitergeführt werden dürfen. Das soll aber dann nicht gelten, wenn "das Ansehen des Berufs" gefährdet ist, weil der ausgeschiedene Gesellschafter aus dem Beruf ausgeschlossen wurde oder seine Bestellung aufgrund Rücknahme oder Widerruf erloschen ist. Die Berechtigung der ersten Alternative dieser Regelung kann man gut nachvollziehen, die der zweiten nicht ohne Weiteres; denn der Widerruf der Bestellung als Steuerberater kann die unterschiedlichsten Gründe haben und nicht der seltenste ist, dass der Steuerberater aufgrund wirtschaftlicher Fehlkalkulation bei rein privaten Geschäften in Vermögensverfall gerät. Man fragt sich: Was hat das mit dem – ohnehin etwas ominösen – "Ansehen des Berufs" zu tun?
Der BFH hat die Bestimmung gleichwohl "gehalten", allerdings restriktiv ausgelegt und angewandt: Die Gefahr für das Ansehen des Berufs muss in concreto festgestellt werden (darf also nicht allein wegen des Widerrufs unterstellt werden). Und: Von der Fortführung des Namens eines ausgeschiedenen Steuerberaters in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft geht keine relevante Gefahr einer solchen Irreführung über die Zusammensetzung der Gesellschaft aus. Denn der Satzungsgeber der Berufsordnung hat sich durch eine solche Gefahr nicht veranlasst gesehen, die Fortführung des Namens eines ausgeschiedenen Gesellschafters nicht zuzulassen. Das war zwar nicht etwa wegen der entsprechenden handelsrechtlichen Regelung zwingend, darf aber von den Gerichten nicht in Frage gestellt werden.
Eine Rechtsgrundlage dafür, einer Steuerberatungsgesellschaft eine Änderung ihrer Firma deshalb abzuverlangen, weil die abstrakte Gefahr besteht, dass ihr Namenspatron unter ihrer Firma unzulässige selbstständige Hilfe in Steuersachen leisten könnte, enthält die Berufsordnung ebenso wenig.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 04.03.2008, VII R 12/07