Leitsatz
Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG steht ausnahmslos allen Personengesellschaften zu und damit auch allen atypisch stillen Gesellschaften und zwar auch dann, wenn die atypisch still Beteiligte eine Kapitalgesellschaft ist.
Sachverhalt
Eine GmbH beteiligte sich als stille Gesellschafterin an einer weiteren GmbH. Da die Gesellschaft am Ergebnis, dem Vermögen und den stillen Reserven der GmbH beteiligt war und ihr Informations- und Kontrollrechte gemäß § 716 BGB und § 118 HGB zustanden, handelte es sich um eine atypisch stille Gesellschaft, die zu einer Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führt. Das Finanzamt versagte der GmbH als atypische stille Gesellschafterin nach einer Außenprüfung den zunächst gewährten Gewerbesteuerfreibetrag.
Entscheidung
Das FG hat der atypisch beteiligten GmbH den Gewerbesteuerfreibetrag für Personengesellschaften zugesprochen. Steuersubjekt und Steuerschuldnerin gem. § 5 GewStG ist die atypisch stille Gesellschaft als Inhaberin des Handelsgeschäfts (ständige Rechtsprechung seit dem BFH, Urteil v. 9.11.1995, VIII R 364/83, BStBl 1986 II S. 311). Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG steht auch Personengesellschaften zu, worunter nach ständiger Rechtsprechung auch atypisch stille Gesellschaften fallen (etwa BFH, Urteil v. 10.11.1993, I 20/93, BStBl 1994 II S. 327). Auch die herrschende Meinung in der Literatur folgt dieser Auffassung. In Abschnitt 69 Abs. 1 GewStR vertritt die Finanzverwaltung jedoch die Meinung, dass der Freibetrag nicht zu gewähren sei, wenn es sich bei dem atypisch still Beteiligten nicht um eine natürliche Person handelt. Das Finanzgericht findet aber in § 11 GewStG gerade keine Rechtsgrundlage für eine derartige Einschränkung und sieht dies auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Norm für geboten an. Sinn der Freibetragsregelung ist typisierend, einen fiktiven Unternehmerlohn zu berücksichtigen, der sowohl bei natürlichen Personen als auch bei Personengesellschaften bei der Ermittlung des Gewerbeertrags abziehbar ist. Bei allen atypischen stillen Gesellschaften mit einer Kapitalgesellschaft als Beteiligte wird allerdings der Unternehmerlohn doppelt berücksichtigt und zwar unabhängig davon, ob der atypisch still Beteiligte eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft ist. Das Finanzgericht hat deshalb die Differenzierung der Finanzverwaltung verworfen.
Hinweis
Das Urteil stützt sich allein und zutreffend auf den sachgerecht interpretierten Wortlaut des § 11 GewStG. Bei einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Änderung des Wortlautes der Vorschrift im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 sollte im Sinne der Finanzverwaltung gesetzlich differenziert und die Doppelberücksichtigung des Unternehmerlohnes bei Kapitalgesellschaften als atypische beteiligte Gesellschafter eliminiert werden. Rechtspolitisch war diese Gesetzesverschärfung allerdings seinerzeit nicht erwünscht, da sie in erster Linie auch die im Mittelstand sehr verbreitete Rechtsform der GmbH & Co KG getroffen hätte. Da das Finanzgericht in unangreifbarer Weise alle zulässigen Auslegungsarten für Gesetzestexte durcherörtert hat, dürfte die vom Finanzamt angestrengte Revision aller Voraussicht nach erfolglos bleiben.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 31.03.2005, 6 K 782/03