Leitsatz
Sind nach den Regelungen der AO 1977 in einer Großstadtgemeinde (z.B. Berlin) mehrere FÄ für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständig, kann der Antrag auf Gewährung von Investitionszulage fristwahrend bei jedem dieser FÄ gestellt werden.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 und 3, § 25 AO , § 6 Abs. 1 und 2 InvZulG 1991
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt eine Zahnarztpraxis im Bereich des FA W., ihr Ehemann eine Arztpraxis im Zuständigkeitsbereich des FA T. in derselben Großstadt. Dort hatten beide auch ihren Wohnsitz. Zur Einkommensteuer veranlagt wurden sie vom FA T.
Die Klägerin beantragte Investitionszulage für mehrere Wirtschaftsgüter beim FA W. vor Ablauf des 30.9., das den Antrag nach Ablauf des 30.9. an das seiner Meinung nach zuständige FA T. weiterreichte. Dieses lehnte den Investitionszulagenantrag mit der Begründung ab, er sei beim zuständigen FA nach Ablauf der Ausschlussfrist eingegangen.
Die Klage hiergegen war vor dem FG erfolglos, vor dem BFH erfolgreich.
Entscheidung
Die Entscheidung Der BFH war der Auffassung, sowohl das FA T. als auch das FA W. seien gemäß §§ 19 Abs. 1 und 3 AO zuständig. Die Zuständigkeit des FA W. sei gemäß § 19 Abs. 3 AO begründet, weil die Klägerin dort ihre Praxis betreibe. Das FA T. sei zuständig, weil der Ehemann dort seine freiberufliche Tätigkeit ausübe und die Eheleute wohnten. Seien mehrere FÄ zuständig, stehe es dem Steuerpflichtigen frei, bei welchem FA er den Antrag auf Investitionszulage einreiche. Der Investitionszulagenantrag sei daher fristgerecht eingegangen.
Hinweis
Die Frage, welches FA für die Gewährung von Investitionszulagen zuständig ist, ist deshalb bedeutsam, weil bis zum InvZulG 1999 die Anträge innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die Investition getätigt wurde, gestellt werden mussten. Diese Ausschlussfrist gilt ab 1.1.1999 nicht mehr.
Wurde der Antrag innerhalb der Ausschlussfrist beim falschen FA eingereicht, aber erst nach Ablauf der neun Monate an das zuständige FA weitergereicht, war die Frist nicht gewahrt und der Anspruch auf Investitionszulage ging verloren.
Bei natürlichen Personen ist das FA zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Für Großstädte trifft § 19 Abs. 3 Satz 1 AO eine Ausnahmeregelung. Danach ist das Betriebs- bzw. Tätigkeitsfinanzamt und nicht das Wohnsitzfinanzamt zuständig, wenn der Steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt.
Bei verheirateten Steuerpflichtigen kann sich eine Zuständigkeit mehrerer FÄ ergeben, wenn die Eheleute nicht im Finanzamtsbezirk des Betriebs wohnen, und/oder wenn – wie im Streitfall – der andere Ehegatte im Zuständigkeitsbereich eines anderen FA innerhalb der Großstadt ebenfalls eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt.
Der BFH ist der Auffassung, dass in diesen Fällen den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zusteht, bei welchem von mehreren für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen FÄ sie den Antrag auf Gewährung von Investitionszulage stellen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.9.2000, III R 39/98