Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 159
Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb veräußert, ist ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Entsprechendes gilt in den Fällen der Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils. Veräußerungsgewinn ist nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG (§ 16 EStG Rz. 215ff.) jeweils der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Ergeben kann sich auch ein Veräußerungsverlust. Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit nach § 14 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 3 EStG (§ 16 EStG Rz. 226ff.) als laufender Gewinn.
Rz. 160
Der Veräußerungsgewinn ergibt sich aus einem Vermögensvergleich besonderer Art zum Zeitpunkt der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Damit enthält § 14 EStG eine eigene, die übrigen Gewinnermittlungsvorschriften jedoch nur ergänzende, von diesen dennoch unabhängige Vorschrift über die Ermittlung des land- und forstwirtschaftlichen Gewinns. Der Veräußerungsgewinn ist unabhängig davon, nach welcher Vorschrift der laufende land- und forstwirtschaftliche Gewinn zu ermitteln ist oder ermittelt wird, nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG zu ermitteln. Zu ermitteln ist der Veräußerungsgewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Es ist somit zwischen der Gewinnermittlung für das laufende Wirtschaftsjahr bis zum Zeitpunkt der Veräußerung und der Gewinnermittlung für den Veräußerungsvorgang zu unterscheiden. Die laufenden Betriebsvorgänge des letzten Wirtschaftsjahrs sind mit der Erstellung der Schlussbilanz abzuschließen.
Rz. 161
Der laufende land- und forstwirtschaftliche Gewinn ist nicht durch § 14 EStG begünstigt. Er muss vom Veräußerungsgewinn i. S. d. § 14 EStG abgegrenzt werden. Dabei gehören in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs stehende Erträge nicht zum laufenden, sondern zum begünstigten Gewinn.
Rz. 162
Buchführende Land- und Forstwirte müssen zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit zur Ermittlung des laufenden Gewinns eine Schlussbilanz erstellen (§ 6 Abs. 2 EStDV). Diese enthält auch die verbindlichen Ausgangswerte zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns. Für eine Teilbetriebsveräußerung gilt dies nicht. Der Wert des Betriebsvermögens des Teilbetriebs ist nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG zu schätzen.
Rz. 163
Auch nicht buchführende Land- und Forstwirte müssen den bei der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erzielten Gewinn nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG nach § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich ermitteln. Zu diesem Zweck müssen nicht buchführende Land- und Forstwirte fiktiv zum Bestandsvergleich übergehen. Auf den Veräußerungszeitpunkt ist eine fiktive Schlussbilanz aufzustellen. Zu den nicht buchführenden Land- und Forstwirten gehören neben Land- und Forstwirten mit Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) oder mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auch Land- und Forstwirte, bei denen der land- und forstwirtschaftliche Gewinn geschätzt wurde.
Rz. 164
Hat der Land- und Forstwirt den Gewinn bisher nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist anlässlich der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG überzugehen. Die wegen des Übergangs erforderlichen Hinzu- und Abrechnungen (R 4.6 Abs. 1 S. 3 EStR 2012) sind nicht beim Veräußerungsgewinn, sondern beim laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahrs vorzunehmen, in dem die Veräußerung erfolgt. Eine Verteilung der dem Gewinn hinzuzurechnenden Beträge auf 3 Jahre kommt nicht in Betracht.
Rz. 165
Wurde der land- und forstwirtschaftliche Gewinn vor der Veräußerung des Betriebs nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) ermittelt, ergeben sich grundsätzlich keine Folgerungen aus dem im Zeitpunkt der Veräußerung erforderlichen Wechsel zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen entspricht im Grundsatz der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG. Besonderheiten gelten insoweit, als im Rahmen von § 13a EStG die Gewinnermittlungsgrundsätze des § 4 Abs. 3 EStG anzuwenden sind. Auch hier sind auf den Zeitpunkt der Veräußerung die entsprechenden Hinzu- und Abrechnungen vorzunehmen. Des Weiteren sind § 13a Abs. 3 S. 2 und 3 EStG zu beachten.
Rz. 166
Erfolgte vor der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs eine Schätzung nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG, liegt für den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung ein Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht vor. Anderes gilt, wenn die Gewinnschätzung nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG erfolgte. Für den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung ...