Dr. Constanze Wetzel, Joachim Moritz
3.1 Besteuerung des Veräußerungsgewinns als gewerblicher Gewinn
Rz. 175
Als Rechtsfolge ordnet § 17 Abs. 1 EStG an, dass der Gewinn aus der Verwirklichung des Tatbestands des § 17 EStG unter dieEinkünfte aus Gewerbebetrieb fällt. In der Privatsphäre realisierte Vermögensmehrungen werden daher in gewerbliche, und damit in stpfl. Gewinne umqualifiziert (Rz. 1ff).
In die Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind nur Vorgänge einzubeziehen, die mit der Veräußerung bzw. der Anschaffung zusammenhängen. Alle anderen Vorgänge (z. B. Schuldzinsen) stehen außerhalb der Gewinnermittlung nach § 17 EStG und können daher nur Werbungskosten (evtl. nachträgliche Werbungskosten) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen sein. Das gilt auch für Schuldzinsen für ein Darlehen, mit dem nachträgliche Anschaffungskosten refinanziert werden.
Zu berücksichtigen ist aber, dass der Ansatz von Werbungskosten außerhalb des § 17 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ab Vz 2009 nach § 20 Abs. 9 S. 1 EStG regelmäßig ausgeschlossen ist, es sei denn, dass nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG keine Abgeltungswirkung eintritt, sondern die Einkünfte in eine Veranlagung einbezogen werden..
3.2 Veräußerungsgewinn
3.2.1 Gewinnermittlungsart, Zeitpunkt des Entstehens
Rz. 176
§ 17 EStG enthält keine umfassende Regelung der Gewinnermittlung. Nach Abs. 2 ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Eine Regelung über den Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung fehlt jedoch. Da es sich bei den Einkünften aus § 17 EStG um gewerblichen Gewinn handelt, wenn auch nur kraft Fiktion, handelt es sich um eine Ermittlung von Gewinn, nicht von Überschüssen nach §§ 8, 9 EStG. Nach § 17 Abs. 2 EStG wird dieser Gewinn durch Gegenüberstellen des Veräußerungspreises (abzgl. Veräußerungskosten) und der Anschaffungskosten ermittelt. Damit ähnelt die Gewinnermittlung nach § 17 EStG dem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Daraus folgt weiterhin, dass das Zufluss- und Abflussprinzip nach § 11 EStG nicht anwendbar ist.
Rz. 177
Ähnelt die Gewinnermittlung dem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, so weist sie doch auch Unterschiede auf. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei § 17 EStG keine Erfassung von Vermögensmehrungen für jedes Wirtschaftsjahr erfolgt, sondern nur eine Ermittlung am Ende der Besitzzeit (Veräußerung), was zu einer Saldierung von Vermögensmehrungen und -minderungen in den davor liegenden Vz führt. Die Gewinnermittlung nach § 17 EStG ist daher eine Gewinnermittlung eigener Art.
Rz. 178
Für den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nach § 17 EStG folgt hieraus, dass der Gewinn im Zeitpunkt der Veräußerung realisiert wird, d. h. mit Übertragung des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen ohne Rücksicht darauf, wann die Gegenleistung zufließt. Nicht maßgebend ist auch der Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrags (Rz. 108). Für alle den Veräußerungsgewinn beeinflussenden Faktoren ist auf den Zeitpunkt der Veräußerung eine Stichtagsbewertung vorzunehmen. Auf diesen Zeitpunkt sind daher auch erst in der Zukunft fällig werdende Teile der Gegenleistung anzusetzen, evtl. unter Herausrechnen des in der Gegenleistung enthaltenen Zinsanteils; das Zufluss-/Abflussprinzip gem. § 11 EStG gilt nicht (Rz. 185).
Rz. 178a
Soweit die tatsächlich erhaltene Gegenleistung nicht in Geld, sondern in Sachgütern besteht, ist der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Für die Bewertung kommt es aber auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erfüllung der Gegenleistungspflicht an, wenn diese von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns abweichen. Eine Veränderung der den Wert bestimmenden Umstände wirkt materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns zurück.
Rz. 178b
Bei zeitlich gestreckter Zahlung des Veräußerungserlöses in verschiedenen Vz fällt ein Veräußerungsverlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zu dem Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Vzder Zahlungszuflüsse an.
Rz. 179
Da es sich bei § 17 EStG um die Versteuerung des Gewinns aus Anteilen an Kapitalgesellschaften handelt, ist diese Versteuerung konsequenterweise in das Halb-/Teileinkünfteverfahren einbezogen. Ab Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens aufgrund des Steuersenkungsgesetzes v. 23.10.2000 nach § 52 Abs. 4b EStG sind für die Gewinnermittlung im Rahmen des § 17 EStG neben Abs. 2 auch § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG sowie § 3c Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG anzuwenden. Danach ist die Hälfte, im Teileinkünfteverfahren 40 %, des Veräußerungspreises bzw. ...