Dr. Constanze Wetzel, Joachim Moritz
Rz. 276
§ 17 Abs. 2 S. 3, 4 EStG enthält eine besondere Regelung für den Fall, dass der Stpfl. aus dem Ausland zuzieht und damit (erstmals) die unbeschränkte Steuerpflicht begründet, wenn er bei Wegzug aus seinem bisherigen Wohnsitzstaat dort einer dem § 6 AStG vergleichbaren Besteuerung unterlegen hat. Damit soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden, die durch die Wegzugsbesteuerung im bisherigen Wohnsitzstaat und eine Besteuerung nach § 17 EStG bei Veräußerung der Anteile nach Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht eintreten kann. Im Ausland bei Wegzug bereits versteuerte stille Reserven sollen nicht nochmals, diesmal nach § 17 EStG, besteuert werden. Dies wird dadurch erreicht, dass bei einer Veräußerung nach § 17 EStG an die Stelle der Anschaffungskosten der veräußerten Anteile der Wert tritt, der bei Wegzug im Ausland der Besteuerung zugrunde gelegt wurde, höchstens jedoch der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt des Zuzugs. Damit werden, wenn im Ausland eine Besteuerung erfolgt ist, nur die im Inland nach Zuzug entstandenen stillen Reserven durch § 17 EStG erfasst.
Die Vorschrift ist durch das SEStEG v. 7.12.2006 mit Wirkung ab Vz 2007 eingefügt worden.
Rz. 277
Voraussetzung ist, dass dem Stpfl., der einen unter § 17 EStG fallenden Veräußerungsgewinn erzielt hat, die veräußerten Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zuzurechnen waren. Das Gesetz regelt also den Fall, dass der Stpfl. nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterlag und dann diese unbeschränkte Steuerpflicht durch Zuzug (Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland) begründet hat.
Maßgebend ist die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG. Eine Begründung der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG, der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG oder der beschr. Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG führt nicht zur Anwendung des Abs. 2 S. 3–4.
Wird die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG begründet, ist es ohne Bedeutung, ob vorher bereits beschr. Steuerpflicht bestand oder nicht.
Rz. 278
Die Anteile, bei denen die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 1 EStG infrage steht, mussten dem Stpfl. im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht steuerlich zuzurechnen gewesen sein. Es muss also Nämlichkeit zwischen den bei Zuzug vorhandenen Anteilen und den veräußerten Anteilen bestehen. Ob dies der Fall war, richtet sich nach deutschem Steuerrecht. Waren dem Stpfl. die Anteile in diesem Zeitpunkt wohl nach ausl., nicht aber nach deutschem Steuerrecht zuzurechnen, greift die Vorschrift nicht ein. Das ist auch nicht erforderlich, da dann zwischen dem Zeitpunkt des Eintritts in die deutsche unbeschränkte Steuerpflicht und der Veräußerung der Anteile ein Erwerbstatbestand nach deutschem Steuerrecht durch den Stpfl. verwirklicht worden sein muss, da ihm sonst der Veräußerungsgewinn steuerlich nicht zuzurechnen wäre. Dann kann der Veräußerungsgewinn aber auf der Grundlage der Anschaffungskosten dieses Erwerbsvorgangs ermittelt werden.
Ob die Anteile dem Stpfl. im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht steuerlich zuzurechnen waren, richtet sich nach § 39 AO. Danach genügt wirtschaftliches Eigentum.
Rz. 279
Weitere Voraussetzung ist, dass der Stpfl. im Wegzugsstaat aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen dieses Staats einer dem § 6 AStG vergleichbaren Besteuerung unterlegen hat. Diese Besteuerung muss auf den gesetzlichen Bestimmungen des Wegzugsstaats beruhen. Eine freiwillige Besteuerung bei Wegzug genügt nicht.
Die Besteuerung muss der des § 6 AStG vergleichbar sein, d. h. in den wesentlichen Punkten der des § 6 AStG entsprechen. Das ist der Fall, wenn die ausl. Steuer durch die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes und/oder gewöhnlichen Aufenthalts ausgelöst wird. Knüpft die ausl. Steuer an andere Tatbestandsmerkmale, ist sie mit § 6 AStG nicht vergleichbar. Ebenfalls nicht mit § 6 AStG vergleichbar ist die ausl. Steuer, wenn sie an die Verlegung des Wohnsitzes trotz Weiterbestehens der unbeschränkten Steuerpflicht anknüpft.
Außerdem muss die Bemessungsgrundlage der ausl. Steuer im Wesentlichen aus der Differenz zwischen Anschaffungskosten und gemeinem Wert im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bestehen. Genaue Wertgleichheit nach ausl. und deutschem Steuerrecht ist aber nicht erforderlich.
Rz. 280
Nicht maßgeblich ist jedoch die Ausgestaltung der ausl. Steuer im Einzelnen. So sind nicht maßgeblich der Zeitraum des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 10 AStG: 10 Jahre), die Beteiligungshöhe, ab der die Anteile steuerverstrickt sind, sowie Einzelheiten der Ermittlung der Anschaffungskosten, des Veräußerungspreises, der Veräußerungskosten und des gemeinen Werts der Anteile. Da § 17 Abs. 2 S. 3 EStG als Höchstbetrag den nach deutschem Steuerrecht ermittelten gemeinen Wert festlegt...