Rz. 384

Bei § 20 Abs. 8 S. 1 EStG handelt es sich um eine Konkurrenznorm, die keinen eigenen Besteuerungstatbestand enthält, sondern lediglich das Verhältnis der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG, aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG, aus selbstständiger Arbeit i. S. d. § 18 EStG und aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG regelt. Die Vorschrift betrifft Fälle, in denen der Stpfl. sowohl den Tatbestand der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG als auch den Tatbestand der anderen in § 20 Abs. 8 S. 1 EStG genannten Einkunftsarten erfüllt.[1] Für diesen Fall bestimmt § 20 Abs. 8 S. 1 EStG, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG als subsidiär zurücktreten und sich die Besteuerung allein nach der jeweils anderen Einkunftsart richtet. Auf den Steuerabzug vom Kapitalertrag hat § 20 Abs. 8 S. 1 EStG keine Auswirkungen. Dieser ist nach § 43 Abs. 4 EStG auch dann vorzunehmen, wenn die Einkünfte nicht den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, sondern den anderen in § 20 Abs. 8 S. 1 EStG genannten Einkunftsarten zuzurechnen sind. Allerdings entfaltet der Steuerabzug vom Kapitalertrag in diesen Fällen nach § 43 Abs. 5 EStG keine Abgeltungswirkung, sodass die Einkünfte in der Steuererklärung anzugeben sind. Nicht geregelt ist in § 20 Abs. 8 S. 1 EStG das Verhältnis der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i. S. d. § 19 EStG und den sonstigen Einkünften i. S. d. § 22 EStG. Sofern diese Einkunftsarten nicht ihrerseits eine Konkurrenznorm enthalten, aus der sich die Zuordnung zur richtigen Einkunftsart ergibt, ist auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen. Die Abgrenzung ist in diesem Fall aus der Wesensart der jeweiligen Einkunftsart zu treffen. Maßgebend ist, welche Einkunftsart im Vordergrund steht und dadurch die andere Einkunftsart verdrängt.[2] Ein Steuerabzug vom Kapitalertrag ist in diesem Fall nicht vorzunehmen. Die Einkünfte sind in der Steuererklärung anzugeben.

 

Rz. 385

Die Zuordnung zu einer anderen Einkunftsart aufgrund von § 20 Abs. 8 S. 1 EStG hat aufgrund der Einführung der Abgeltungsteuer im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007[3] erheblich an Bedeutung gewonnen. Seither unterliegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG einer besonderen Besteuerung, die sich von der Besteuerung der anderen Einkunftsarten deutlich unterscheidet. Dies zeigt sich zunächst daran, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG ein Abzug von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 S. 1 EStG ausgeschlossen ist. Daneben versagt § 20 Abs. 6 S. 1 EStG eine Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten. Ferner findet das Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahren i. S. d. § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d), § 3c Abs. 2 S. 1 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nach § 3 Nr. 40 S. 2 EStG keine Anwendung. Schließlich gilt für die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG ein besonderer proportionaler Steuertarif i. H. v. lediglich 25 %. Darüber hinaus richtet sich die Anrechnung ausl. Quellensteuern bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nach der Sonderregel des § 32d Abs. 5 EStG. Sofern Einkünfte aufgrund von § 20 Abs. 8 S. 1 EStG nicht den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, sondern einer anderen Einkunftsart zuzuordnen sind, gelten diese Besonderheiten nicht. Dies bedeutet zunächst, dass das Abzugsverbot für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG und das Verlustverrechnungsverbot i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 1 EStG nicht anwendbar sind. Auch ein Rückgriff auf das Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahren i. S. d. § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d), § 3c Abs. 2 S. 1 EStG ist möglich. Schließlich unterliegen die Einkünfte auch dem normalen progressiven Steuertarif i. H. v. bis zu 45 %. Ferner richtet sich die Anrechnung ausl. Quellensteuern in diesem Fall nach der allgemeinen Regel des § 34c EStG.

[1] BFH v. 31.10.1989, VIII R 210/83, BStBl II 1990, 532: laut BFH erfolgt eine Zurechnung zu einer dieser Einkunftsarten, wenn die Einkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesen anderen Einkünften erzielt werden.
[3] BGBl I 2007, 1912.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge