Rz. 88

§ 2a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG regelt die Nachversteuerung bei der Umwandlung der ausl. Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft. Bis Vz 1998 war dies der einzige Nachversteuerungstatbestand. Die Regelung hat sich jedoch als nicht ausreichend erwiesen; deshalb wurde sie ab Vz 1999 durch einen erweiterten Nachversteuerungstatbestand ersetzt, der auch die Übertragung der Betriebsstätte sowie ihre Aufgabe umfasst. Später wurde die Nachversteuerung auch auf den Wegfall der Ansässigkeit ausgedehnt (Rz. 108).

 

Rz. 89

Die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft verhindert die Zurechnung von Ergebnissen der (ehemaligen) Betriebsstätte bei dem Stpfl.: Ein "Durchgriff" durch die Kapitalgesellschaft ist nicht möglich. Das ermöglichte die Gestaltung, während einer Verlustphase der ausl. Betriebsstätte von § 2a Abs. 3 EStG Gebrauch zu machen, vor Eintritt in die Gewinnphase diese Betriebsstätte aber gewinnneutral in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln, um die Erfassung der künftigen Gewinne im Inland zu vermeiden. Diese Umgehung des § 2a Abs. 3 EStG, nämlich den Abzug von Verlusten und die spätere Hinzurechnung von Gewinnen in gleicher Höhe, soll Abs. 4 vermeiden.

 

Rz. 90

Voraussetzung des Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ist die "Umwandlung" in eine Kapitalgesellschaft. Der Begriff der Umwandlung kann nicht nach den Vorschriften des UmwG und des UmwStG ausgelegt werden. Der Vorgang der Umwandlung spielt sich im Ausland ab, also außerhalb des Geltungsbereichs des UmwG und des UmwStG. Es genügt für die Anwendung des Abs. 4 S. 1 Nr. 1, dass der Vorgang im Ausland zu dem gleichen Ergebnis führt wie eine Umwandlung der Betriebsstätte i. S. d. deutschen Handels- und Steuerrechts. Der Begriff der Umwandlung ist daher weit zu verstehen. Maßgebend ist, dass die Betriebsstätte als organisatorische und wirtschaftliche Einheit ohne Veräußerung auf eine Kapitalgesellschaft übergeht. Damit fällt auch die "Einbringung" unter den Begriff der Umwandlung.[1] Ausgeschlossen ist danach lediglich der Fall der Veräußerung der Betriebsstätte. Die Veräußerung führt ggf. zu einer Realisierung von Gewinnen, die der Besteuerung im Inland bereits nach § 2a Abs. 3 S. 3 oder Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG unterliegen, sodass der Ersatztatbestand des Abs. 4 S. 1 Nr. 1 nicht einzugreifen braucht (Rz. 97). Keine Umwandlung liegt vor, wenn das Eigentum an der Betriebsstätte bzw. deren Wirtschaftsgüter nicht wechselt.[2]

 

Rz. 91

Die Umwandlung muss in eine "Kapitalgesellschaft" erfolgen, d. h. in eine der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG genannten Gesellschaftsformen bzw. in eine ausl. Gesellschaftsform, die der deutschen Kapitalgesellschaft wertungsgemäß gleichsteht.[3] Erfolgt die Umwandlung in eine Körperschaft, die wertungsmäßig einer anderen Form als einer Kapitalgesellschaft (z. B. Genossenschaft) gleicht, erfolgt keine Nachversteuerung; es besteht eine Lücke im Gesetz.

 

Rz. 92

Für die Nachversteuerung ist es nicht erforderlich, dass gerade die Betriebsstätte, deren Verluste im Inland nach § 2a Abs. 3 EStG abgezogen worden sind, umgewandelt wird. Da die Nachversteuerung nach Abs. 3 S. 1 alle in dem jeweiligen Staat belegenen Betriebsstätten erfasst, greift der Ersatztatbestand des Abs. 4 S. 1 Nr. 1 auch dann ein, wenn eine der in diesem Staat belegenen Betriebsstätten umgewandelt wird. Regelungsgrund ist, dass dann dem deutschen Staat Hinzurechnungspotenzial verloren zu gehen droht, da die Gewinne dieser Betriebsstätte nach der Umwandlung nicht mehr für die Hinzurechnung zur Verfügung stehen.

 

Rz. 93

Der Wortlaut des Abs. 4 setzt an sich nicht voraus, dass sich der Umwandlungsvorgang im Ausland abspielt. Allerdings muss das Objekt der Umwandlung die ausl. Betriebsstätte sein. Die Nachversteuerung tritt nicht ein, wenn nicht die Betriebsstätte, sondern der inl. Träger der Betriebsstätte, also etwa eine inl. Körperschaft oder Personengesellschaft umgewandelt wird. Das ergibt sich aus dem Zweck des Abs. 4 S. 1 Nr. 1. Bei der Umwandlung der inl. Körperschaft oder Personengesellschaft tritt die übernehmende Kapitalgesellschaft die Rechtsnachfolge der übertragenden Körperschaft oder Personengesellschaft im Inland mit allen steuerlichen Konsequenzen an. Da die ausl. Betriebsstätte nach der Umwandlung eine Betriebsstätte der übernehmenden Kapitalgesellschaft ist, greift Abs. 3 S. 3 ein, d. h. spätere Gewinne werden der Kapitalgesellschaft nach dieser Vorschrift zur Versteuerung zugeordnet, die Verluste werden damit nachversteuert. Eine Notwendigkeit für einen Ersatztatbestand wie Abs. 4 besteht daher nicht.

 

Rz. 94

Als Rechtsfolge bestimmt Abs. 4, dass die nach Abs. 3 im Inland abgezogenen Verluste nachzuversteuern sind, soweit sie nicht bereits durch Hinzurechnung von Gewinnen nachversteuert worden sind oder im Vz der Umwandlung durch Hinzurechnung von Gewinnen noch nachzuversteuern sind. Ziel ist es sicherzustellen, dass genau der Betrag, der im Inland als Verlust abgezogen wurde, durch die Nachversteuerung in die Besteuerung einbezogen wird, sei es durch Nachversteuerung nach Abs. 3 S. 3,...

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