Rz. 49

Nach S. 5 sind für den Fall des Abzugs der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG auch mit dem Kindergeld vergleichbare Leistungen in der Weise zu verrechnen (d. h. zurückzufordern), dass der entsprechende Anspruch der tariflichen ESt hinzugerechnet wird. Damit wird eine Doppelbegünstigung vermieden. Die Summe ergibt die festzusetzende ESt (§ 2 Abs. 6 S. 2 EStG). Die Eltern, für die die Freibeträge in Abzug kommen, erhalten somit im Ergebnis keine dem Kindergeld vergleichbare Leistung, sondern im Weg der Veranlagung als Folge der entlastenden Wirkung der Freibeträge die Erstattung der zuvor zu hoch entrichteten Steuer.

Unter vergleichbaren Leistungen sind die Familienbeihilfen i. S. v. § 65 Abs. 1 EStG zu verstehen, das sind Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, dem Kindergeld oder den vorgenannten Zulagen bzw. Zuschüssen vergleichbare ausl. Leistungen und dem Kindergeld vergleichbare Leistungen einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung. Dem Kindergeld vergleichbare Leistungen i. S. v. § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG gibt es in allen EU/EWR-Staaten sowie zahlreichen Drittstaaten.[1] Zu verrechnen ist auch das aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen zustehende ausl. Kindergeld (Vertragskindergeld)

§ 31 S. 5 EStG kann in solchen Fällen zum Tragen kommen, in denen ein in Deutschland unbeschränkt stpfl. Elternteil Anspruch auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG für sein im Ausland lebendes Kind hat, für die – der im Ausland lebende – Elternteil ausl., dem Kindergeld vergleichbare, Leistungen erhält. In diesem Fall ist das ausl. Kindergeld hinzuzurechnen, und zwar auch dann, wenn das im Ausland gezahlte Kindergeld die zivilrechtliche Unterhaltspflicht des Stpfl. nicht gemindert hat.[2]

Sind die vergleichbaren inländischen Leistungen niedriger als das Kindergeld, besteht zusätzlich ein Anspruch auf ein Teilkindergeld nach § 65 Abs. 2 EStG. In diesem Fall ist bei der nach § 31 S. 4 EStG anzustellenden Berechnung der Anspruch auf die Leistungen nach § 65 EStG zzgl. des Anspruchs auf Teilkindergeld nach § 65 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen.[3]

Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Verrechnung der inländischen vergleichbaren Leistungen nicht auf die Höhe des inländischen Kindergelds beschränkt. Wird hingegen ein nach ausl. Recht höheres Kindergeld bezahlt, beschränkt sich die Verrechnung auf die Höhe des deutschen Kindergelds (Rz. 53).

 

Rz. 50

Auch hier ist auf das Bestehen eines Anspruchs im Vz, nicht auf die tatsächlich gezahlten Leistungen abzustellen.[4] § 11 Abs. 1 EStG findet keine Anwendung, d. h., eine Verrechnung findet z. B. auch bei aufgrund verzögerter Bearbeitung oder Antragstellung erst nachträglichen Zahlungen statt. Eine Verrechnung unterbleibt, wenn ein Anspruch auf Kindergeld nicht besteht oder durch Fristversäumnis erloschen ist. Stpfl., bei denen der Kinderfreibetrag zu einer höheren Entlastung als die vergleichbaren Leistungen führen, können von vornherein auf die Stellung eines Kindergeldantrags verzichten. Der Kinderfreibetrag wird dann ohne Verrechnung nur dann berücksichtigt, wenn der Stpfl. nachweist oder glaubhaft macht, ggf. durch eine Bescheinigung der Familienkasse, dass er kein Kindergeld erhalten hat.

 

Rz. 51

§ 31 S. 5 EStG setzt nicht voraus, dass das Kindergeld vom Stpfl. beansprucht werden kann. Eine Verrechnung ist deshalb beim Freibetragsberechtigten auch dann vorzunehmen, wenn das Kindergeld an Berechtigte gezahlt wird, die keinen Kinderfreibetrag beanspruchen können.[5]

Wird nachträglich bekannt, dass Kindergeld tatsächlich mit einem anderen Betrag als bisher angenommen beansprucht werden konnte, ist der Steuerbescheid nach § 173 AO zu ändern. Wird Kindergeld nachträglich gezahlt oder zurückgefordert, wird der Bescheid wegen rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO angepasst. Die Familienkasse muss die nachträgliche Kindergeldzahlung dem FA mitteilen.[6]

 

Rz. 52

Die Hinzurechnung "in entsprechendem Umfang" nach § 36 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 EStG bedeutet, dass sich die Hinzurechnung danach richtet, ob das Einkommen um einen hälftigen oder einen vollen (doppelten) Kinderfreibetrag für den jeweiligen Monat vermindert wurde.[7]

[1] Übersicht von BZSt v. 21.3.2014, St II 2-S 2473-PB/14/00001, FMNR1d3610014, BStBl I 2014, 768.
[2] BFH v. 28.6.2012, III R 86/09, BStBl II 2013, 855; Bauhaus, in Korn, EStG, § 31 EStG Rz. 32.
[3] Pust, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 31 EStG Rz. 333; Bauhaus, in Korn, EStG, § 31 EStG Rz. 31; Selder, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 31 EStG Rz. 52.
[4] Bauhaus, in Korn, EStG, § 31 EStG Rz. 31; Helmke, in Helmke/Bauer, § 31 EStG Rz. 21.
[5] Z. B. Stief- und Großeltern, die die Voraussetzungen für die Übertragung des Kinderfreibetrags nicht erfüllen; Kanzler, in H/H/R, EStG/KStG, § 31 EStG Rz. 36.
[6] BMF v. 9.3.1998, V B 5 – S 2280 – 45/98, BStBl I 1998, 347, Tz. 24.
[7] BMF v. 9.3.1998, V B 5 – S 2280 – 45/98, BStBl I 1998, 347, Tz. 23.

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