Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 76
§ 32d Abs. 5 S. 1 u. 3 EStG enthält Vorgaben zur Berücksichtigung ausl. Quellensteuern bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, wenn mit dem Herkunftsstaat der ausl. Kapitalerträge kein DBA besteht. § 32d Abs. 5 S. 1 EStG bestimmt in diesem Zusammenhang, dass in den Fällen des § 32d Abs. 3 und 4 EStG bei unbeschränkt Stpfl., die mit ausl. Kapitalerträgen in dem Staat, aus dem die Kapitalerträge stammen, zu einer der deutschen ESt entsprechenden Steuer herangezogen werden, die auf die ausl. Kapitalerträge festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausl. Steuer, jedoch höchstens 25 % ausl. Steuer auf den einzelnen stpfl. Kapitalertrag, auf die deutsche Steuer anzurechnen ist. Nach § 32d Abs. 5 S. 3 EStG sind die ausl. Steuern dabei nur bis zur Höhe der auf die im jeweiligen Vz bezogenen Kapitalerträge i. S. d. § 32d Abs. 5 S. 1 EStG entfallenden deutschen Steuer anzurechnen.
Rz. 77
Der Anwendungsbereich von § 32d Abs. 5 S. 1 EStG erstreckt sich nach dem Wortlaut der Vorschrift nur auf die Fälle des § 32d Abs. 3 und 4 EStG, in denen die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG verpflichtend oder wahlweise zum proportionalen Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG veranlagt werden. § 32d Abs. 5 S. 1 EStG gilt nach § 32d Abs. 6 S. 2 EStG aber auch in den Fällen der Günstigerprüfung i. S. d. § 32d Abs. 6 S. 1 EStG, im Rahmen derer die Kapitalerträge zum progressiven Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG in die Veranlagung einzubeziehen sind. Weiterhin kommt § 32d Abs. 5 S. 1 EStG auch beim Steuerabzug vom Kapitalertrag zur Anwendung, da § 43a Abs. 3 S. 1 EStG anordnet, dass die Kreditinstitute ausl. Quellensteuern beim KapESt-Einbehalt nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 S. 1 EStG zu berücksichtigen haben. Bei § 32d Abs. 5 S. 1 EStG handelt es sich damit um die Zentralnorm zur Berücksichtigung ausl. Quellensteuern bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG. § 34c EStG findet keine Anwendung. Ein anderes gilt nur in den Fällen des § 32d Abs. 2 EStG, in denen die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG verpflichtend oder wahlweise zum progressiven Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG veranlagt werden. In diesen Fällen bleibt es bei der Anwendung des § 34c EStG, wie sich § 34c Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 EStG entnehmen lässt. Darüber hinaus war§ 32d Abs. 5 S. 1 EStG auch dann nicht anwendbar, wenn auf die ausl. Kapitalerträge nach Maßgabe der EU-Zinsrichtlinie eine Quellensteuer erhoben wurde. Auf Grundlage der EU-Zinsrichtlinie waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, Informationen über Zinszahlungen an im Ausland ansässige Stpfl. an den Wohnsitzstaat zu übermitteln. Sofern ein Mitgliedstaat am Informationsaustausch nicht teilnahm, hatte er auf die Zinszahlungen eine Quellensteuer einzubehalten und an den Wohnsitzstaat abzuführen. Über die einbehaltene Quellensteuer stellte der Herkunftsstaat eine Steuergutschrift aus. In Höhe der Steuergutschrift erfolgte eine Anrechnung der Quellensteuer auf die im Wohnsitzstaat geschuldete ESt. Die Anrechnung richtete sich in Deutschland nach § 36 Abs. 2 EStG, wie sich aus § 14 Abs. 2 ZIV ergab. § 32d Abs. 5 EStG und § 34c EStG waren nicht anwendbar. Die EU-Zinsrichtlinie wurde zum 1.1.2016 aufgehoben. An ihre Stelle ist der Informationsaustausch auf Basis des "Common Reporting Standard" (CRS) getreten. Ein Quellensteuerabzug findet seither nicht mehr statt.
Rz. 78
Eine Anrechnung nach § 32d Abs. 5 S. 1 EStG ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Erforderlich ist wie bei § 34c EStG, dass die Anrechnung von einem unbeschränkt Stpfl. begehrt wird. Hierzu gehören alle Stpfl., die der unbeschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 1 Abs. 1 EStG, der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 1 Abs. 2 EStG oder der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 1 Abs. 3 EStG unterliegen. Beschr. Stpfl. i. S. d. § 1 Abs. 4 EStG und erweitert beschr. Stpfl. i. S. d. § 2 Abs. 1 AStG können sich nicht auf § 32d Abs. 5 S. 1 EStG berufen.
§ 32d Abs. 5 S. 1 EStG setzt voraus, dass der Stpfl. ausl. Kapitalerträge erzielt. Der Begriff der ausl. Kapitalerträge ist wie in § 34c EStG zu verstehen, sodass die Definition des § 34d Nr. 6 EStG maßgeblich ist. Ausl. Kapitalerträge sind danach Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, bei denen der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausl. Staat hat oder das Kapitalvermögen durch ausl. Grundbesitz gesichert ist. Ferner muss der Stpfl. mit den Kapitalerträgen nach § 32d Abs. 5 S. 1 EStG in dem Staat, aus dem die Kapitalerträge stammen, zu einer der deutschen ESt entsprechenden Steuer herangezogen worden sein. Dies ist wie im Rahmen des § 34c EStG der Fall, wenn die ausl. Steuer direkt auf die Besteuerung des Einkommens, des Gewinns oder eines Teils des Einkommens oder des Gewinns gerichtet ist. Die Finanzverwaltung hat in Anhang 12 Abs. 2 EStR 2012 eine Liste ausl. Steuern veröffentlicht, bei dene...