3.2.1 Verschulden
Rz. 33
Eine Unentziehbarkeit von Aufwendungen kann dann unbeachtlich sein, wenn der Stpfl. die Ursache durch freiwilliges Verhalten selbst gelegt hat und für die Folgen selbst verantwortlich ist. In solchen Fällen ist eine Zwangsläufigkeit nicht gegeben.
Rz. 34
Die Reichweite der Ursachenforschung ist begrenzt. Eine dezidierte Ausforschung privater oder familiärer Umstände ist mit dem verfassungsrechtlich gesicherten Grundsatz der Unantastbarkeit der Menschenwürde nicht vereinbar. Bei einer nachgewiesenen Krankheit ist ferner nicht gesondert zu prüfen, ob diese auf eigenem Verschulden des Stpfl. beruht. Fraglich ist jedoch, ob dies auch für Krankheitsfälle gilt, die aufgrund von Hochrisiko- oder Kampfsportarten entstanden sind. M. E. liegen auch in diesen Fällen außergewöhnliche Belastungen vor. Zwar nimmt der Stpfl. z. B. bei Ausübung einer Kampfsportart ggf. auch größere Verletzungen in Kauf, sodass etwaige Genesungskosten i. w. S. auf der Entscheidung zur Durchführung der Sportart beruhen. Trotzdem wird regelmäßig kein Vorsatz des Stpfl. vorliegen, sich bewusst eine Verletzung zugefügt zu haben. Allenfalls kann eine leichte Fahrlässigkeit unterstellt werden, die für sich genommen die Annahme der Zwangsläufigkeit nicht ausschließen kann.
Bei Verkehrsunfällen wird demgegenüber sehr wohl danach differenziert, auf welchem Umstand es zum Schaden gekommen ist. Die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen soll dann nicht gegeben sein, wenn der Schaden grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde. Lediglich leichte Fahrlässigkeit soll eine Zwangsläufigkeit begründen können. Die Vergütung eines Insolvenztreuhänders im Rahmen einer Verbraucherinsolvenz ist ebenfalls nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, sofern der Stpfl. die Ursache für die Insolvenz durch sein eigenes Verhalten gesetzt hat.
3.2.2 Verlust und Beschädigung eigener Sachen
Rz. 35
Generell besteht kein Unterschied, ob Schäden an vom Stpfl. im eigenen Besitz befindlichen Wirtschaftsgütern oder am Eigentum Dritter verursacht wurden und hierdurch außergewöhnliche Belastungen resultieren. Bedeutsam ist vielmehr, ob das Wirtschaftsgut eine existenziell wichtige Bedeutung aufweist. Während dies bei Unterkünften (Häuser und Wohnungen) regelmäßig bejaht wird, sollen Kfz nicht hierunter fallen. Teilweise wird hierzu ausgeführt, dass das Autofahren an sich auf einer freien Willensentscheidung des Stpfl. beruhen würde. M. E. kann jedoch auch ein Kfz existenziell wichtig für den Stpfl. sein. Denkbar ist dies z. B. in Gebieten, in denen die öffentlichen Verkehrsmittel nicht oder nur stark eingeschränkt zur Verfügung stehen (insbesondere ländliche Regionen). In derartigen Fällen sind außergewöhnliche Belastungen hilfsweise als Werbungskosten oder aufgrund einer Billigkeitsentscheidung nach §§ 163, 227 AO zu berücksichtigen.
Z. T. wird einschränkend gefordert, dass die Beseitigung von Schäden bzw. der Ersatz verlorener Vermögensgegenstände nicht über das hinausgehen darf, was als notwendig und üblich gilt. Eine gesetzliche Grundlage hierfür ist aber nicht ersichtlich. M. E. ist eine solche Forderung abzulehnen, zumal die Angemessenheit der Aufwendungen bereits nach § 33 Abs. 2 S. 1 EStG auf die Umstände des Einzelfalls bezogen sind. Auch wenn die Aufwendungen im Einzelfall höher sein können, z. B. weil der Stpfl. in einem Penthouse wohnt. Eine übermäßige Begünstigung wird aber einerseits durch die Kürzung der (einkommensabhängigen) zumutbaren Belastung des § 33 Abs. 3 EStG vermieden. Andererseits ist eine Begrenzung der Angemessenheit im Einzelfall durch das Abstellen auf Wiederherstellungskosten (bzw. den Verlust des Ursprungszustands) gesichert (s. a. Rz. 14).
Rz. 36
Obgleich ein allgemeiner Versicherungsschutz für sämtliche Eventualitäten nach der h. M. grundsätzlich nicht gefordert werden kann, gilt dies nicht für die im Besitz/Eigentum des Stpfl. stehenden Sachen. Diese sind durch allgemein zugängliche und "übliche" Versicherungsleistungen durch den Stpfl. abzusichern. Dies ist m. E. nicht sachgerecht, zumal Versicherungsbeiträge von Haftpflichtversicherungen regelmäßig nicht oder nur im geringen Maße nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden können. Verzichtet ein Stpfl. auf den Abschluss einer Versicherung auf eigene Kosten, ist nicht ersichtlich, warum ein Abzu...