1.1.1 Das Problem der Doppelbesteuerung
Rz. 1
Bei unbeschränkt Stpfl. erstreckt sich die Stpfl. im Inland auf das Welteinkommen, d. h. auf alle Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten, unabhängig davon, ob die Quellen dieser Einkünfte im Inland oder im Ausland liegen. Im Gegensatz hierzu unterliegen der beschränkten ESt-Pflicht nur die inl. Einkünfte, d. h. die Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten, die aus inl. Quellen fließen.
Rz. 1a
Da die unbeschränkte ESt-Pflicht somit auch Einkünfte aus ausl. Quellen erfasst, kommt es regelmäßig zu einer Kollision mit dem Besteuerungsrecht des Staats der ausl. Quelle: Erhebt der Quellenstaat auf die Einkünfte eine Steuer, so können dieselben Einkünfte einer doppelten Belastung unterliegen, wenn der Ansässigkeitsstaat ebenfalls aufgrund des Welteinkommensprinzips die Einkünfte besteuern will.
Rz. 1b
Die damit drohende Doppelbesteuerung ausl. Einkünfte ist wirtschaftspolitisch nicht sinnvoll, da sie den internationalen Wirtschaftsverkehr beeinträchtigt. Aus dem Ausland stammende Einkünfte würden dadurch höher belastet als inl. Einkünfte, ohne dass es hierfür einen anderen Grund gäbe als die Kollision der Besteuerungsansprüche zweier Staaten. Aus der Sicht der verfassungsrechtlich gebotenen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist dies jedoch kein rechtfertigender Grund für die gegenüber inl. Einkünften höhere Steuerbelastung. Eine Doppelbesteuerung stellt einen Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dar.
Rz. 1c
Ist damit eine Korrektur der Steuerbelastung geboten, stellt sich die Frage, welcher Staat diese Korrektur vorzunehmen hat. Steuertechnisch kann dies in zweierlei Weise erfolgen:
- durch multilaterale Vereinbarung, insbesondere durch DBA,
- durch unilaterale/nationale Regelungen.
Rz. 1d
Primär in die Verantwortung zu nehmen ist dabei der Wohnsitzstaat, der durch seine Besteuerung nach dem Welteinkommensprinzip den Grund für die drohende Doppelbelastung gesetzt hat. Er ist mithin gefordert, eine der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechende Besteuerung herbeizuführen.
1.1.2 Vermeidung der Doppelbesteuerung durch völkerrechtliche Verträge
Rz. 2
§ 2 Abs. 1 AO ordnet den Vorrang der völkerrechtlichen Regelung an, sodass die Kollision des jeweiligen Besteuerungsrechts unter Heranziehung des DBA zu lösen ist. Art. 23 OECD-MA sieht dabei zwei Möglichkeiten der Vermeidung einer Doppelbesteuerung vor:
- Freistellungsmethode (mit Progressionsvorbehalt, § 32b EStG; Art. 23A OECD-MA),
- Anrechnungsmethode (Art. 23B OECD-MA).
1.1.3 Vermeidung der Doppelbesteuerung durch nationales Recht
Rz. 3
Soweit keine DBA bestehen bzw. das DBA keine Regelung zur Vermeidung der Doppelbelastung enthält, sieht § 34c EStG eine Entlastung im Wesentlichen im Weg der Anrechnung der Steuer aus dem Quellenstaat vor, jedoch keine Freistellung. § 34c EStG hat dabei, neben der Regelung von Sonderfällen, wie etwa in § 34c Abs. 5 EStG, eine doppelte Funktion:
- § 34c EStG regelt die Methode der Anrechnung, wenn das DBA nicht die Freistellung der aus ausl. Quellen stammenden Einkünfte von der inl. Steuer, sondern nur die Anrechnung der ausl. auf die inl. Steuer vorsieht und selbst keine näheren Regelungen enthält.
- § 34c EStG soll aber auch Lücken im System der DBA schließen, sei es, dass mit einem bestimmten Staat überhaupt kein DBA besteht, sei es, dass trotz des Bestehens eines DBA die Doppelbesteuerung nicht oder nicht vollständig vermieden werden kann.
Rz. 3a
Zur Erfüllung dieser beiden Funktionen stellt § 34c EStG (z. T. wahlweise) zwei Methoden zur Verfügung: