Rz. 70
Die Vorauszahlungen werden durch Steuerbescheid nach § 155 AO von Amts wegen festgesetzt. Der Abgabe einer Steuererklärung bedarf es nicht, da § 25 Abs. 3 EStG i. V. m. § 56 EStDV nur die Abgabe einer Jahressteuererklärung fordert und § 149 Abs. 1 S. 2 AO nur die Erweiterung der persönlichen Erklärungspflicht bei einer gesetzlich bestehenden Erklärungsart vorsieht. Der Stpfl. ist nicht verpflichtet, die Heraufsetzung der Vorauszahlungen zu beantragen, wenn er erkennt, dass die bisherigen Vorauszahlungen zu niedrig sind (Rz. 60). Es gelten aber im Vorauszahlungsverfahren die Mitwirkungspflichten des Stpfl. nach den §§ 90ff. AO. Der Stpfl. muss auf Aufforderung des FA an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken, insbesondere Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zutreffend zu beantworten. Die Mitwirkung kann somit nach den §§ 328ff. AO erzwungen werden. Mangels Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung kommt die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht in Betracht. Eine Berichtigung der ursprünglich richtigen Erklärung kann bei Erlangung besserer Erkenntnisse nach § 153 AO nicht verlangt werden, da diese Vorschrift nur für Steuererklärungen gilt.
Rz. 71
Vorsätzlich falsche Angaben im Rahmen des Verfahrens der Festsetzung von Vorauszahlungen können den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen (Rz. 60). Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung von Vorauszahlungen ist erfüllt, wenn durch die unrichtigen Angaben in der Jahressteuererklärung eines Vorjahrs die Vorauszahlungen für einen folgenden Vz nicht oder zu niedrig festgesetzt werden. In der Praxis zeigt sich, dass die Finanzverwaltung zunehmend mit Mitteln des Strafrechts reagiert, wenn etwa ein Stpfl. die Herabsetzung von Vorauszahlungen beantragt und es dann im Rahmen der ESt-Veranlagung zu einer nicht unerheblichen Nachzahlung kommt.
Der Zinslauf der Hinterziehungszinsen auf ESt-Vorauszahlungen beginnt zum Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 37 Abs. 1 S. 1 EStG bzw. in Fällen, in denen eine nachträgliche Festsetzung/Anpassung von Vorauszahlungen nach § 37 Abs. 3 S. 3 EStG erfolgte, zum Zeitpunkt der Festsetzung. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für verkürzte ESt-Vorauszahlungen neben der Festsetzung von Hinterziehungszinsen für verkürzte Jahres-ESt desjenigen Vz, für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, bewirkt keine Doppelverzinsung desselben Steueranspruchs, wenn sich die den Festsetzungen zugrunde liegenden Zinsläufe nicht überschneiden.
Für den (bedingten) Vorsatz, durch die Nichtangabe von Einkünften in der Jahressteuererklärung eines Vorjahres auch ESt-Vorauszahlungen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO zu hinterziehen, ist lt. BFH grundsätzlich erforderlich, dass gegenüber dem Stpfl. regelmäßig ESt-Vorauszahlungen festgesetzt werden und ihm bekannt ist, dass Einkünfte, die in der ESt-Erklärung für einen früheren Vz nicht angegeben werden, auch für die Festsetzung der Vorauszahlungen nicht berücksichtigt werden. Die sichere Kenntnis, in welcher Höhe künftige ESt-Vorauszahlungen verkürzt werden, wenn in der Jahressteuererklärung eines Vorjahres Einkünfte nicht angegeben werden, ist für die Annahme des Vorsatzes nicht erforderlich.
Rz. 72
Der Vorauszahlungsbescheid steht nach § 164 Abs. 1 S. 2 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, da es sich um die Festsetzung von Vorauszahlungen handelt. Die Änderung eines Vorauszahlungsbescheids bei Anpassung der Vorauszahlungen erfolgt danach gem. § 164 Abs. 2 AO, solange der Vorbehalt wirksam ist. Eine Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung durch das FA ist nicht zulässig, da dieser Vorbehalt der Nachprüfung sich bereits aus dem Gesetz ergibt. Für die nachträgliche Heraufsetzung der Vorauszahlungen enthält § 37 Abs. 4 EStG eine Sonderregelung, die nur die Änderung der letzten Vorauszahlung zulässt (Rz. 61). Eine Änderung der Vorauszahlungen für das erste bis dritte Quartal nach § 164 Abs. 2 AO ist danach ausgeschlossen. Das gilt auch für etwaige Änderungen nach den §§ 172ff. AO.
Rz. 73
Regelmäßig werden die Vorauszahlungen bei der Veranlagung eines abgelaufenen Vz festgesetzt oder geändert. Auch wenn ESt-Festsetzung und Festsetzung der Vorauszahlungen in einer Urkunde verbunden sind, handelt es sich um zwei selbstständige Verwaltungsakte, die jeweils gesondert anfechtbar sind. Der Steuerbescheid ist an denjenigen zu richten, der von ihm betroffen ist (§ 124 AO), das ist regelmäßig der Steuerschuldner. Dies gilt auch, wenn Einkünfte als Mitunternehmer bezogen werden, da eine gesonderte Feststellung für Vorauszahlungszwecke nicht möglich ist (Rz. 32).
Bei zusammen veranlagten Ehegatten kann ein zusammengefasster Vorauszahlungsbescheid nach § 155 Abs. 3 S. 1 AO ergehen.