1 Überblick
Rz. 1
§ 3a EStG ist die gesetzliche Grundlage für eine Steuerbefreiung von sog. Sanierungserträgen (bzw. Sanierungsgewinnen) und löst damit die vom GrS des BFH verworfenen Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung auf der Grundlage des sog. "Sanierungserlasses" ab.
§ 3a EStG wurde durch das G. gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen v. 27.6.2017 eingeführt und mit einem beihilferechtlichen Vorbehalt des Inkrafttretens versehen, der erst durch das G. zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 11.12.2018 (UStAVermG) aufgehoben wurde.
Rz. 2
Erträge entstehen bilanziell, wenn Verbindlichkeiten bei zu sanierenden Unternehmen, z. B. durch Forderungsverzichte ihrer Gläubiger, wegfallen. Hierdurch wird allerdings keine zusätzliche Liquidität generiert. Eine Besteuerung derartiger Erträge bei zu sanierenden Unternehmen in der Krise wird daher in der Regel als inadäquate und die Sanierungsmaßnahmen konterkarierende Belastung wahrgenommen.
Rz. 3
§ 3a EStG setzt im Kern auf dieser Thematik auf und löst sie dadurch, dass Sanierungserträge bei unternehmensbezogenen Sanierungen, insolvenzrechtlicher Restschuldbefreiung und insolvenzrechtlichem Schuldenbereinigungsplan von der Steuer befreit werden. Bevor die Steuerbefreiung auf einen Sanierungsertrag zur Anwendung kommt, müssen allerdings alle zur Verfügung stehende Steuerminderungspotenziale eingesetzt werden. Diese werden in der Reihenfolge des § 3a Abs. 3 EStG aufgelistet. Im Fall der Zusammenveranlagung sind nach § 3a Abs. 3a EStG auch die laufenden Beträge und Verlustvorträge des anderen Ehegatten/eingetragenen Lebenspartners betroffen. Ergänzende verfahrensrechtliche Regelungen enthält § 3a Abs. 4 EStG im Hinblick auf gesondert festzustellende Einkünfte.
Rz. 4
Nach der Intention des Gesetzgebers soll § 3a EStG den bestehenden Zielkonflikt zwischen dem Besteuerungs- und dem Insolvenzverfahren lösen, da – wie zuvor beschrieben – eine Besteuerung eines (nicht liquiditätswirksamen) Sanierungsertrags den Sanierungsmaßnahmen betroffener Unternehmen in der Krise zuwider laufen würde. Die Norm soll – anders als die bisherigen Billigkeitsmaßnahmen auf Basis des Sanierungserlasses – auch der Planungssicherheit von Unternehmen in Sanierungsverfahren dienen und schließlich auch den wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger am Fortbestand des zu sanierenden Unternehmens Rechnung tragen. Der Gesetzgeber sieht § 3a EStG zudem im Einklang mit den Bemühungen der Europäischen Kommission, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine frühzeitige Restrukturierung von Unternehmen, die sich in einer finanziellen Notlage befinden, zu verbessern und unnötige Liquidationen zu verhindern. Hierbei soll die Steuerbefreiung von Sanierungserträgen durch u. a. vorrangige Verlustverrechnungen auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.
Rz. 5
§ 3a EStG wird überwiegend als Sozialzweck- oder Lenkungsnorm verstanden. In diesem Sinne hat die Rspr. die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen als Beteiligung des Fiskus an Sanierungen durch Steuersubvention qualifiziert. Im Ergebnis werden somit auch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele verfolgt.
Rz. 6
§ 3a EStG soll nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen und eine zulässige unechte Rückwirkung aufweisen. Kritisch wird allerdings mitunter § 3a Abs. 3 S 2 Nr. 13 EStG gesehen.
Rz. 7
Zum Stand im Zusammenhang mit der EU-Beihilfenthematik s. Rz. 10.
2 Rechtsentwicklung
Rz. 8
Aufgrund der Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a. F. waren ab dem Vz 1998 Sanierungsgewinne im Grun...