Prof. Dr. Gerrit Frotscher, Prof. Dr. Christoph Watrin
Rz. 660
Nach § 4 Abs. 4a S. 5 EStG bleibt der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unberührt. Dagegen sind Darlehen für die Finanzierung von Umlaufvermögen nicht privilegiert.
Es muss sich um Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten handeln. Die Darlehen müssen also einen direkten Zusammenhang mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufweisen, es müssen also gesonderte Darlehen zum Zweck der Finanzierung dieser Kosten aufgenommen worden sein. Eine Finanzierung aus einem Darlehenspool, ohne dass eine direkte Zuordnung möglich ist, genügt nicht. Wird ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens aus einem Darlehenspool oder einem debitorischen Kontokorrentkonto finanziert, ist die Ausnahme des S. 5 noch anzuwenden, wenn in zeitlichem und betragsmäßigem Zusammenhang hiermit eine Umschuldung in ein gesondertes langfristiges Darlehen erfolgt.
Da die steuerliche Behandlung von Schuldzinsen von der tatsächlichen Verwendung des Kredits abhängig ist, begründet auch eine unmittelbare tatsächliche Finanzierung der Wirtschaftsgüter (binnen 30 Tage) nach Aufnahme des Kredits eine Begünstigung durch S. 5, da eine unwiderlegbare Vermutung des Finanzierungszusammenhangs angenommen wird. Auch nach Ablauf der 30 Tage kann ein Finanzierungszusammenhang zwischen Kreditaufnahme und Finanzierung hergestellt werden, wenn der Stpf. diesen im Einzelfall nachweist. Erfolgt die Umschuldung später oder ohne betragsmäßige Verbindung, wird nicht der Kredit für die Anschaffung des Wirtschaftsguts umgeschuldet, sondern der Schuldsaldo des Kontokorrentkontos.
Der Wegfall der Betriebsvermögenseigenschaft des Anlageguts oder der Eigenschaft als Anlagevermögen führt zur Nichtabziehbarkeit der Schuldzinsen nach Abs. 4a, nicht aber der Verlust oder eine Teilwertabschreibung.
Es muss sich um eine Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten handeln, die Finanzierung von Erhaltungsaufwand (Reparaturaufwand) genügt nicht.
Rz. 661
Bei Personengesellschaften besteht dieser direkte Zusammenhang auch dann, wenn das Darlehen im Sonderbetriebsvermögen aufgenommen wird und damit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens des Gesamthandsvermögens finanziert werden. Zinsen für die Anschaffung des Mitunternehmeranteils (Verbindlichkeit des Sonderbetriebsvermögens II) sind insoweit als Zinsen für Investitionsdarlehen zu behandeln, als sie auf die anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des Gesamthandsvermögens oder Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des Sonderbetriebsvermögens entfallen.
Rz. 661a
Wird ein weiteres Darlehen aufgenommen, um Zinseszinsen einer Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu bezahlen, so gilt die Befreiung sinngemäß.
Rz. 662
Als Rechtsfolge bleiben die genannten Darlehenszinsen für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG außer Betracht. Das kann nur bedeuten, dass bei der Ermittlung der tatsächlich gezahlten Zinsen nach S. 4 die zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anlagevermögen gezahlten Zinsen nicht eingerechnet werden. Der tatsächliche Zinsaufwand, und damit auch der Rahmen für eine Hinzurechnung von Zinsen auf Überentnahmen, verringert sich dadurch. Im Ergebnis bedeutet dies, dass es nicht schädlich ist, wenn der Finanzierungsbedarf für das Anlagevermögen durch Überentnahmen entstanden ist. Da die Zinsen für diese Kredite von Anfang an aus der Prüfung der Abzugsfähigkeit auszuscheiden sind, stellt sich insoweit die Frage der "Überentnahmen" nicht.
Nicht der gesetzlichen Regelung entspricht es dagegen, erst die Zinsen mit 6 % der Überentnahmen zu ermitteln und die Zinsen für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens dann von dem niedrigeren der beiden Beträge abzuziehen.
Die Ausnahme gilt nur für die Zinsen, nicht für andere Faktoren im Zusammenhang mit Abs. 4a. So werden Entnahmen und Einlagen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bei der Berechnung der Über- und Unterentnahmen berücksichtigt.