Prof. Dr. Gerrit Frotscher, Prof. Dr. Christoph Watrin
3.5.8.1 Dingliche und obligatorische Nutzungsrechte
Rz. 190
Nutzungsrechte, und zwar sowohl dingliche als auch obligatorische, sind grundsätzlich Wirtschaftsgüter, und zwar immaterielle Wirtschaftsgüter. Die Bilanzierbarkeit hängt davon ab, ob ihnen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugeordnet werden können. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich entweder um selbst geschaffene Nutzungsrechte, die dem Bilanzierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG unterliegen, oder es handelt sich um schwebende Verträge.
Nutzungsrechte, die an einem fremden Vermögensgegenstand bestehen (z. B. ein dingliches Nutzungsrecht an einem Grundstück), können daher bilanziert werden, wenn sie entgeltlich erworben worden sind (zu Erbbaurechten vgl. § 5 Rz. 191). Allerdings sind Nutzungsrechte, bei denen für die laufende Nutzungsüberlassung eine laufende Vergütung gezahlt wird (z. B. Miet-/Pachtzins), schwebende Verträge; sie sind daher nicht zu bilanzieren, solange sie ausgeglichen sind (vgl. § 5 Rz. 79ff.). Das gilt auch für Nebenkosten aus dem schwebenden Vertrag (z. B. Makler- oder andere Vermittlungsprovisionen). Wenn für den Vertrag selbst keine Anschaffungskosten aktiviert werden können, weil es sich um ein schwebendes Rechtsverhältnis handelt, gilt dies auch für die damit zusammenhängenden Nebenkosten. Andererseits ist eine Bilanzierung möglich, wenn dem Nutzungsrecht Anschaffungskosten zuzuordnen sind, etwa wenn der schwebende Vertrag von dem ursprünglichen Vertragspartner gegen Entgelt erworben worden ist.
Nutzungsrechte, die an eigenen betriebsfremden Wirtschaftsgütern bestehen, können nicht eingelegt und damit auch nicht bilanziert werden; vgl. Rz. 413.
3.5.8.2 Nutzungsrechte an im Eigentum oder Miteigentum anderer Personen (insbesondere naher Angehöriger) stehenden Wirtschaftsgütern
Rz. 191
Über die Figur der Nutzungsrechte löst die Rspr. auch das Problem der Nutzung eines Wirtschaftsguts, das im Eigentum oder Miteigentum einer anderen Person als dem Stpfl. steht, aber von diesem für betriebliche oder berufliche Zwecke des Stpfl. genutzt wird. Es handelt sich regelmäßig um Fallgestaltungen zwischen nahen Angehörigen (insbesondere Ehegatten). Ebenfalls anzuwenden sind diese Grundsätze auf die (praktisch wohl nur zwischen Lebensgefährten vorkommenden) Fallgestaltungen zwischen Personen, die nicht nahe Angehörige sind.
In diesem Zusammenhang sind verschiedene Fallgestaltungen zu unterscheiden:
- Der Stpfl. macht allein Aufwendungen auf das (nicht in seinem rechtlichen Alleineigentum stehende) Wirtschaftsgut (vgl. Rz. 192).
- Der Stpfl. und der Dritte machen gemeinsam Aufwendungen auf das dem Stpfl. nicht oder nicht allein gehörende Wirtschaftsgut; es handelt sich regelmäßig um Fälle des häuslichen Arbeitszimmers oder ähnlicher Fälle, wenn das Gebäude nicht im Eigentum oder nur im Miteigentum des Stpfl. steht; hierzu ebenfalls Rz. 192ff.
- Der Stpfl. macht keine eigenen Aufwendungen auf das Wirtschaftsgut; diese Aufwendungen werden vielmehr von dem Dritten getätigt (Problem des Drittaufwands; vgl. Rz. 606ff.).
Vgl. hierzu BMF v. 5.11.1996, IV B 2 – S 2134 – 66/96, BStBl I 1996, 1257; jedoch z. T. überholt durch BFH v. 23.8.1999, Gr S 1/97, BStBl II 1999, 778, BFH/NV 2000, 131; vgl. Rz. 207.
Rz. 192
Die Geltendmachung eines steuerlich zu berücksichtigenden Aufwands hängt davon ab, ob und inwieweit der Stpfl. eigenen Aufwand auf das Wirtschaftsgut getätigt hat.
Hat der Stpfl. eigenen Aufwand auf ein Wirtschaftsgut, das er betrieblich nutzt, getätigt, ergibt sich die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen aus dem objektiven Nettoprinzip. Danach müssen die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einkünften abgezogen werden, und zwar alle erwerbssichernden Aufwendungen. Das gilt unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut, auf das der Stpfl. die Aufwendungen vornimmt, im Alleineigentum des Stpfl. steht, in seinem Miteigentum (für diesen Fall vgl. Rz. 193) oder er überhaupt nicht eigentumsmäßig beteiligt ist (vgl. Rz. 202). Maßgeblich ist allein, dass der Stpfl. Aufwendungen auf das Wirtschaftsgut im eigenen betrieblichen Interesse getragen hat und dass er das Wirtschaftsgut für eigene betriebliche Zwecke nutzt. Unterschiedlich ist lediglich das technische Mittel, mit dem der Abzug dieser Aufwendungen sichergestellt wird, wenn diese Aufwendungen aktivierungspflichtig sind. Bei Alleineigentum wird dies über die Abschreibung des materiellen Wirtschaftsguts erreicht, in den sonstigen Fällen durch Abschreibung eines immateriellen Nutzungsrechts.
Praktisch besonders wichtig sind die Fälle, in denen der Stpfl. ein Gebäude errichtet, das in seinem Miteigentum und dem des Ehegatten steht, wobei der Stpfl. allein die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die laufenden Aufwendungen trägt und sodann das Gebäude, ganz oder teilweise, betrieblich bzw. beruflich nutzt. Die von der Rspr. entwickelte Lösung ist jedoch auch auf...