Rz. 1
Der KapESt unterliegen nur bestimmte Kapitalerträge, insbesondere die Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 und – z. T. – Abs. 2 EStG, die in § 43 EStG als sog. "Kapitalerträge mit Steuerabzug" enumerativ aufgezählt sind. In § 43 EStG nicht erfasste Kapitalerträge unterliegen daher auch nicht dem Steuerabzug. Dies ergibt sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 43 Abs. 1 S. 1 EStG: "Bei den folgenden [...] Kapitalerträgen wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben".
Rz. 1a
Durch Gesetz v. 25.7.1988 wurde zunächst eine "kleine KapESt" auf alle übrigen Kapitalerträge, insbesondere Zinserträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, mit einem Steuersatz von 10 % eingeführt. Diese "kleine KapESt" hatte jedoch einen solch außergewöhnlich hohen Abfluss an Kapital in das Ausland zur Folge, dass der Gesetzgeber sich genötigt sah, die "kleine KapESt" durch G. v. 30.6.1989 mit Wirkung ab 1.7.1989 wieder abzuschaffen. Dass die "kleine KapESt" nicht mehr erhoben wurde, änderte allerdings nichts daran, dass Kapitalerträge beim Gläubiger nach wie vor der ESt bzw. KSt unterliegen.
Rz. 2
Nachdem das BVerfG den Gesetzgeber dazu verpflichtet hatte, bis zum 1.1.1993 ausreichende gesetzliche Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Zinseinkünfte rechtlich und tatsächlich steuerlich gleich belastet werden, wurde durch Gesetz v. 9.11.1992 die als Zinsabschlag zu erhebende KapESt eingeführt. Danach unterliegen die Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit Wirkung seit Vz 1993 nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 und S. 2 EStG dem Steuerabzug vom Kapitalertrag (Rz. 68ff.).
Rz. 3
Weitere Änderungen bzw. Ergänzungen der Vorschriften über den Steuerabzug vom Kapitalertrag erfolgten durch die Gesetze v. 13.9.1993 und v. 21.12.1993.
Rz. 3a
Eine wesentliche Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschriften zum KapESt-Abzug brachte das "Unternehmensteuerreformgesetz 2008" v. 14.8.2007, wonach der Steuereinbehalt in Form der KapESt bei Kapitalerträgen i. S. d. § 20 EStG ab dem Jahr 2009 grundsätzlich eine die ESt abgeltende Wirkung hat (§ 43 Abs. 5 S. 1 EStG; Rz. 199ff.). Dabei wird nicht mehr zwischen der allgemeinen KapESt und dem besonderen Zinsabschlag unterschieden. Es kommen auch keine unterschiedlichen KapESt-Sätze von 20 % (z. B. Dividenden), 25 % (z. B. Wandelanleihen, Gewinnobligationen), 30 % (Zinsabschlag) oder 35 % (Tafelgeschäfte) mehr zur Anwendung. Vielmehr gibt es ab 2009 nur noch einen einheitlichen KapESt-Abzug i. H. v. 25 % auf alle KapESt-Tatbestände (sog. "Abgeltungsteuer"". Dahinter stand die Überlegung, dass die Einführung einer Abgeltungsteuer das Interesse privater Anleger minderemn sollte, Kapital allein aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern. Hauptziel der Unternehmensteuerreform war deshalb neben der Erhöhung der Standortattraktivität die längerfristige Sicherung des deutschen Steuersubstrats. Durch positive und negative Anreize sollte die Verlagerung von Steuersubstrat ins Ausland, vor allem durch Unternehmen, aber auch durch private Haushalte, gebremst werden. Weiterer Zweck der Abgeltungsteuer war es, dass sie gleichzeitig wegen der weitgehenden Besteuerung der Erträge aus privaten Kapitalanlagen an der Quelle zu einer nachhaltigen Vereinfachung für die Bürger und die Finanzverwaltung führen sollte. Vor dem 1.1.2009 wurden Zinsen, Dividenden und private Veräußerungsgewinne unterschiedlich besteuert. Private Veräußerungsgewinne aus Aktien und Investmentfonds waren außerhalb der einjährigen Haltefrist steuerfrei, wenn die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG von 1 % nicht überschritten wurde. Zinsen unterlagen einer maximalen ESt-Belastung in Höhe des Grenzsteuersatzes der ESt. Bei Dividenden lag die Belastung durch die ESt aufgrund des Halbeinkünfteverfahrens bei 50 % des individuellen Grenzsteuersatzes, maximal somit bei 22,5 % (50 % vom maximalen Grenzsteuersatz in Höhe von 45 %). Seit dem 1.1.2009 werden durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 alle im Privatvermögen zufließenden Kapitaleinkünfte einheitlich mit einer 25 %igen Abgeltungsteuer belegt. Die Gesamtbelastung (unter Berücksichtigung der Vorbelastung auf Unternehmensebene) der Dividenden sank damit von maximal 53,21 % im Jahr 2007 auf 48,33 % im Jahr 2009. Das Halbeinkünfteverfahren wurde für Einkünfte des Privatvermögens abgeschafft und im betrieblichen Bereich auf ein Teileinkünfteverfahren (mit 60 %) reduziert. Sofern die Besteuerung durch den KapESt-Abzug abschließend erfolgt, braucht der Stpfl. die Kapitalerträge diesbezüglich nicht mehr gegenüber dem FA angeben. Damit soll die Anonymität der Anleger gewahrt bleiben, was auch bei den Änderungen zum Kontenabruf zum Ausdruck kommt. Ein Kontenabruf ist seit dem 1.1.2009 nur in den enumerativ im Gesetz genannten Fällen zulässig (§§ 24c KWG, § 93, 93b AO). Stpfl., die durch den abgeltenden Steuersatz von 25 % schlechter gestellt sind, haben die Möglichkeit, die Kapitaleinkünfte in der Steuererklärung anzu...