Rz. 102

Bleibt am Ende eines Kj. ein nicht ausgeglichener Verlust aus Kapitalanlagen, wird dieser bei der auszahlenden Stelle auf das Folgejahr vorgetragen (§ 43a Abs. 3 S. 3 EStG).[1] Der vorgetragene Verlust wird dann mit zukünftigen positiven Kapitalerträgen des Stpfl. verrechnet. Alternativ kann der Kunde bis zum 15. Dezember des laufenden Kj. bei der auszahlenden Stelle eine Verlustbescheinigung über den zum Ende des Kj. verbleibenden Verlust beantragen (§ 43a Abs. 3 S. 4 EStG). In diesem Fall startet der Verlusttopf bei der auszahlenden Stelle im Folgejahr mit "0 EUR". Die Verlustbescheinigung ist Bestandteil des amtlichen Musters einer Steuerbescheinigung nach § 45a EStG. Der Antrag kann vom Kontoinhaber oder einem Bevollmächtigten gestellt werden. Bei einem Gemeinschaftskonto kann jeder Verfügungsberechtigte den Antrag stellen.

 

Rz. 103

Die Frist für die Beantragung einer Verlustbescheinigung wurde vom Gesetzgeber bewusst in das "alte" Jahr gelegt. Wäre die Antragstellung auch noch nach Ablauf eines Kj. möglich, würde dies die Kreditwirtschaft in allen Fällen, in denen im neuen Jahr bereits erzielte Erträge mit den vorgetragenen Verlusten verrechnet wurden, vor organisatorisch nur schwer zu bewältigende Probleme stellen. Denn die Verlustverrechnung des laufenden Jahrs müsste dann zunächst rückabgewickelt und ein unterlassener KapESt-Abzug nachgeholt werden. Die gesetzliche Frist nimmt somit auf die organisatorischen Belange der Kreditinstitute als auszahlende Stellen Rücksicht. Geht der Antrag nicht bis zum 15.12. des laufenden Jahres bei der auszahlenden Stelle ein, kann keine Bescheinigung erstellt werden.[2]

Die Fristbestimmung hat den Charakter einer Schutzvorschrift zugunsten der Kreditwirtschaft. Daher ist der Antrag unwiderruflich.

 

Rz. 103a

Es sollten jedoch keine Einwände der Finanzverwaltung bestehen, wenn ein Kreditinstitut einen nach dem 15. Dezember gestellten Antrag auf Ausstellung einer Verlustbescheinigung noch berücksichtigt. Es ist aber nicht dazu verpflichtet.

 

Rz. 104

Sobald ein Kreditinstitut vom Tod eines Kunden Kenntnis erlangt, ist der Verlusttopf zu schließen.[3] Auf einen Antrag auf Erteilung einer Verlustbescheinigung gem. § 43a Abs. 3 S. 4 EStG wird verzichtet. Beim Tod des Kunden gilt der Antrag auf Ausstellung einer Verlustbescheinigung als gestellt. Eine Abgrenzung der Erträge und Verluste zurück auf den Todestag hat die auszahlende Stelle nicht vorzunehmen.[4]

 

Rz. 104a

Eine Verlustbescheinigung nach Abs. 3 S. 4 kann auch dann ohne ausdrücklichen Antrag ausgestellt werden, wenn der Gläubiger beschränkt stpfl. wird.[5]

 

Rz. 105

Der Antrag auf Verlustbescheinigung kann getrennt für die allgemeinen Verluste und die nur eingeschränkt verrechenbaren Verluste aus Aktienverkäufen gestellt werden. Hat der Stpfl. z. B. über ein anderes Kreditinstitut Aktien mit Gewinn veräußert und wurden diese Gewinne gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EStG dem KapESt-Abzug unterworfen, so kann er sich die Verluste aus den Aktienverkäufen isoliert bescheinigen lassen. Die allgemeinen Verluste werden dann von der Zahlstelle vorgetragen. Bei der Veranlagung gem. § 32d Abs. 4 EStG ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber der Verrechnung sog. Altverluste Priorität eingeräumt hat (§ 20 Abs. 6 S. 1 EStG). Altverluste sind Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach der am 31.12.2008 geltenden Fassung des § 23 EStG.

 

Rz. 105a

Die von einem Kreditinstitut nach § 45a EStG bescheinigten Gewinne nach § 20 Abs. 2 EStG werden zunächst mit sog. Altverlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet (§ 20 Abs. 6 S. 1 EStG; zur Verrechnung § 23 Abs. 3 S. 9 EStG). Erst ein danach verbleibender, noch nicht verrechneter Gewinn wird mit den bescheinigten Verlusten verrechnet. So wird gewährleistet, dass bis einschließlich Vz 2013 möglichst viele Altverluste gem. § 20 Abs. 6 S. 1 EStG verrechnet werden.

 

Rz. 106

Der nicht im Rahmen der Veranlagung gem. § 32d Abs. 4 EStG verrechnete Verlust wird unter sinngemäßer Anwendung von § 10d Abs. 4 S. 1 EStG gesondert festgestellt. Eine Rückübertragung des nicht ausgeglichenen Verlusts in die Zahlstelle ist nicht möglich. Auch die Bescheinigung nur eines Teils der allgemeinen Verluste oder der aus Aktienverkäufen ist nicht möglich.

[1] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 223, BStBl I 2016, 85.
[2] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 223, BStBl I 2016, 85.
[3] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 222, BStBl I 2016, 85.
[4] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 223, BStBl I 2016, 85.
[5] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 238, BStBl I 2016, 85.

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