Rz. 11

Nach § 38 AO entstehen die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das jeweilige Einzelsteuergesetz die Leistungspflicht knüpft. Der Tatbestand, an dessen Verwirklichung das EStG die Pflicht zur Leistung der KapESt (als besonderer Erhebungsform der ESt; § 43 EStG Rz. 5) knüpft, ist das Beziehen von Einnahmen aus Kapitalvermögen, die nach § 43 Abs. 1 EStG dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen.

 

Rz. 12

Die KapESt entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. In diesem Zeitpunkt hat der Schuldner der Kapitalerträge bzw. die, die Kapitalerträge auszahlende Stelle den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge vorzunehmen. Im Falle der isolierten Veräußerung von Dividendenscheinen oder der Abtretung von Dividenden- oder Zinsansprüchen gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ist die für den Verkäufer der Wertpapiere den Verkaufsauftrag ausführende Stelle zum Steuerabzug verpflichtet.

 

Rz. 12a

In den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG, wenn also Aktien kurz vor dem Ausschüttungstermin mit Dividendenberechtigung erworben und nach dem Ausschüttungstermin ohne Dividendenberechtigung geliefert werden, ist das für den Verkäufer den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut zum Steuerabzug verpflichtet, wenn die Dividendenkompensationszahlung vor dem 31.12.2011 gutgeschrieben wird; andernfalls ist die, die Dividendenkompensationszahlung auszahlende Stelle zum KapESt-Abzug verpflichtet, weil die neue Vorschrift des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG in ihrem Anwendungsbereich auf Erträge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG verweist, also auch auf solche i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG. Hierbei handelt es sich i. d. R. um Leerverkäufe, also um den Fall, dass der Verkäufer im Zeitpunkt des Verkaufs der Aktien keine entsprechenden Aktien im Depot hat. Die Steuerabzugsverpflichtung für die den Leerverkauf abwickelnde Bank wurde durch das JStG 2007 v. 13.12.2006[1] mit Wirkung für Verkäufe nach dem 31.12.2006 in das EStG eingefügt, um Steuerausfälle zu vermeiden (§ 20 EStG n. F. Rz. 123ff.). Die Steuerabzugsverpflichtung wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-IV-UmsetzungsG) v. 22.6.2011[2] auf die auszahlenden Stellen verlagert, um auch in denjenigen Fällen Steuerausfälle zu vermeiden, in denen das für den Verkäufer den Verkaufsauftrag ausführende Kreditinstitut im Ausland sitzt und von der Verpflichtung zum KapESt-Abzug bislang nicht berührt wurde (Rz. 30b).

Zum Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge vgl. Rz. 58ff.

 

Rz. 13

Die durch Steuerbescheid jährlich festzusetzende ESt dagegen, auf die die erhobene KapESt angerechnet wird, entsteht mit Ablauf des Vz (§ 36 Abs. 1 EStG). Vz ist das Kj. (§ 25 Abs. 1 EStG). Dies gilt auch für den Fall, dass der KapESt-Abzug gem. § 43 Abs. 5 S. 1 EStG die ESt-Schuld abgilt. Nur eine Anrechnung der KapESt gem. § 36 Abs. 1 Nr. 2 EStG unterbleibt mangels Veranlagungsverfahren.

[1] BGBl I 2006, 2878.
[2] BGBl I 2011, 1126.

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