9.1 Allgemein und Hintergrund von Hinterlegungsscheinen
Rz. 32
§ 45b Abs. 3 EStG regelt spezielle Anforderungen in Bezug auf Wertpapiergeschäfte, die mit sog. "Hinterlegungsscheinen" in Verbindung stehen. American Depository Receipts ("ADRs"), d. h. Hinterlegungsscheine auf inländische Aktien, werden durch Emittenten in den USA im Rahmen von ADR-Programmen aufgelegt und verbriefen einen Anteil an einem im Inland verwahrten Bestand an inländischen Aktien. Beteiligte an dem ADR-Programm sind insbes.
- die ausl. Depotbank,
- die inländische Hinterlegungsstelle der inländischen Aktien,
- die inländischen und ausl. Zwischenverwahrer sowie
- der Inhaber der ADRs.
Die ausl. Depotbank übernimmt laut Finanzverwaltung die Registrierung und laufende Verwaltung des ADR-Programmes in den USA. Sie verwaltet die emittierten ADRs und ist Inhaberin des Aktiendepots inländischer Aktien bei der inländischen Hinterlegungsstelle. Die Aktionärsrechte, insbes. das Stimmrecht sowie Dividendenansprüche und Bezugsrechte stehen zwar der Depotbank zu, allerdings wird die Aktionärsstellung über das ADR-Programm durch die Depotbank an die ADR-Inhaber vermittelt. Die Depotbank muss Dividenden und sonstige Bezüge an die ADR-Inhaber weiterleiten. Je nach Ausgestaltung des ADR-Programmes nimmt die Depotbank ihr Stimmrecht nach Weisung des ADR-Inhabers war. Die ADR-Inhaber können auch über eine Vollmacht selbst in der Hauptversammlung als Vertreter der Depotbank auftreten.
9.2 BMF-Schreiben zu ADRs (2013 und 2018)
9.2.1 Ausgangspunkt
Rz. 33
Zu der Thematik von Hinterlegungsscheinen speziell zu der Besteuerung von American Depository Receipts (ADRs) auf inländische Aktien, hatte sich das BMF für ab 2014 zufließende Kapitalerträge bereits umfassend durch das BMF-Schreiben vom 24.5.2013, das durch das BMF-Schreiben vom 18.12.2018 geändert wurde, geäußert. Die Ausführungen der Finanzverwaltung sind entsprechend auf European- (EDR), International- (IDR) und Global Depository Receipts (GDR) anwendbar. Im Wesentlichen hat die Finanzverwaltung angewiesen, dass Steuerbescheinigungen um bestimmte Informationen ergänzt werden müssen. Durch das BMF-Schreiben vom 18.12.2018 wurden diese Angaben nochmals erweitert. Die Steuerbescheinigungen werden nach diesen Grundsätzen ausgestellt durch die inländische Hinterlegungsstelle der Aktien auf Anforderung der inländischen oder ausl. depotführenden Stellen, die die ADRs für ihre Endkunden verwahren (zur Frage, ob dies auch bei § 45b Abs. 3 EStG anzunehmen ist siehe Rz. 35ff.). Auf den Steuerbescheinigungen, die von der inländischen Hinterlegungsstelle ausgestellt werden, ist laut Finanzverwaltung die ISIN der inländischen Aktien anzugeben, für die das ADR-Programm aufgelegt wurde. Die ausgewiesenen Beträge sind unter Berücksichtigung des Verhältnisses der ADRs zur Originalaktie zu bescheinigen. Zudem ist nach der Ergänzung in 2018 die Gesamtzahl der im Rahmen des ADR-Programms ausgegebenen ADRs auf Aktien mit Dividendenberechtigung, die Anzahl der ADRs des ADR-Inhabers, für die eine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde und die ISIN des ADR anzugeben. Eine Steuerbescheinigung darf zudem nur erteilt werden, wenn der Emittent der ADRs der inländischen Hinterlegungsstelle schriftlich bestätigt, dass im Rahmen des ADR-Programms nur ADRs ausgegeben wurden, die im Zeitpunkt der Ausgabe mit Aktien hinterlegt waren, die ausschließlich bei der inländischen Hinterlegungsstelle eingebucht waren. Der inländischen Hinterlegungsstelle ist vor Erteilung einer Steuerbescheinigung außerdem die Gesamtzahl der ADRs mitzuteilen, die im Rahmen des ADR-Programms auf die dividendenberechtigten Aktien ausgegeben wurden. Zudem darf eine Sammel-Steuerbescheinigung seit dem BMF-Schreiben vom 18.12.2018 in Abkehr von der Auffassung im BMF-Schreiben vom 24.5.2013 im Rahmen von ADR-Programmen nicht mehr erteilt werden.
9.2.2 Zielrichtung des § 45b Abs. 3 EStG
Rz. 34
§ 45b Abs. 3 S. 1 und 2 EStG können sich nur auf solche Angaben beziehen, die die Hinterlegungsstelle aufgrund von Informationen des ADR-Emittenten machen muss (siehe BMF-Schreiben vom 18.12.2018 zu Steuerbescheinigungen bei ADRs; Rz. 33).
Steuerbescheinigungen von ADRs verwahrenden depotführenden Instituten
D. h. für die Praxis: Auf den Steuerbescheinigungen der depotführenden Institute, bei denen die ADRs verwahrt werden, sind die Angaben nach § 45b Abs. 3 S. 1 und 2 EStG nicht erforderlich.
9.3 Angaben zu Hinterlegungsscheinen (Abs. 3 S. 1 und 2)
Rz. 35
Wenn die Kapitalerträge i. S. d. § 45b Abs. 2 EStG aufgrund eines Hinterlegungsscheines bezogen wurden, sind nach § 45b Abs. 3 S. 1 EStG auch die...