Rz. 1
Die Eindämmung illegaler Betätigung war bereits mehrfach Gegenstand von Gesetzgebungsvorhaben auch auf dem Gebiet des Steuerrechts. Die Vorhaben bezogen sich u. a. auf eine frühzeitige Informationsbeschaffung durch Erweiterung der Meldepflichten sowie eine Sicherung des Steueraufkommens durch einen Steuerabzug an der Quelle.
Mit dem StEntlGesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 war zum 1.4.1999 eine Abzugsteuer auf Vergütungen an ausl. Dienstleistungserbringer (§ 50a Abs. 7 EStG a. F.) eingeführt worden. Entsprechend dieser Regelung war ein deutscher Auftraggeber verpflichtet, von Vergütungen an einen im Ausland ansässigen Werkunternehmer einen vorsorglichen Abzug von ESt bzw. KSt i. H. v. 25 % vorzunehmen und an das FA abzuführen.
§ 50a Abs. 7 EStG a. F. ist durch das Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG) 1999 aufgehoben und der frühere Abs. 8 als Abs. 7 mit Anpassungen übernommen worden (§ 50a EStG, Rz. 20 und Rz. 193).
§ 50a Abs. 7 S. 2 EStG wurde neu gefasst, S. 3 geändert durch G. v. 25.7.2014.
Rz. 2 einstweilen frei
Rz. 3
Die Praxis hat erwiesen, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Sicherstellung des Steueranspruchs, insbesondere gegenüber unseriösen Werkvertragsunternehmen und Werkvertragsarbeitnehmern, nicht immer ausreichen. Steueransprüche können sowohl aufgrund der LSt- bzw. ESt-Pflicht der illegal eingesetzten Arbeitnehmer entstehen als auch aufgrund der ESt-/KSt-Pflicht des im Inland tätigen (Sub-)Unternehmens selbst. Verschleierungs- und Hinterziehungsmodelle der hoch mobil agierenden Unternehmen werden in professioneller Weise auf dem Markt angeboten. Dabei wird die komplexe Rechtsmaterie, die meistens auch internationale Dimensionen aufweist, ausgenutzt. Das Dilemma der Steuerverwaltung besteht darin, dass sie häufig nicht oder zu spät Kenntnis von den illegalen Aktivitäten unseriöser Unternehmen erhält. Selbst wenn sie Kenntnis erhält, können oft nicht sofort die notwendigen Schritte eingeleitet werden. Außerdem lassen sich im Nachhinein Art und Umfang der Tätigkeit oft nicht mehr feststellen, Verantwortliche sind nicht mehr greifbar, Ermittlungs- und Vollstreckungsversuche bleiben erfolglos.
Rz. 4
Für die FÄ ist es insbesondere wichtig, frühzeitig Kenntnis von Aktivitäten ausl. Unternehmen und Arbeitnehmer aus dem Bereich der Baubranche zu erhalten, um geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Steueranspruchs einleiten zu können. Zwar ist im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) vorgeschrieben, dass im Ausland ansässige Arbeitgeber, die einen oder mehrere Arbeitnehmer bei Bauleistungen im Inland einsetzen, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält (§ 18 Abs. 1 AEntG). Die Behörden der Zollverwaltung unterrichten gem. § 20 AEntG die zuständigen örtlichen Landesfinanzbehörden über Meldungen nach § 18 Abs. 1 und 3 AEntG. Die Informationskanäle sind jedoch nach wie vor zu lang und die Informationen keineswegs lückenlos. Zudem sind Ermittlungen sehr zeit- und personalaufwendig und werden durch häufigen Wechsel der Einsatzstellen und Anwendung verschiedenster Verschleierungstaktiken (z. B. Einschaltung von Scheinunternehmen und Domizilgesellschaften) stark erschwert.
Rz. 5
Die Erfahrungen mit dem Steuerabzug für ausl. Werkvertragsunternehmen nach § 50a Abs. 7 i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 machten deutlich, dass eine gesetzliche Regelung dringend erforderlich ist. Die Vorschrift hat den positiven Effekt gehabt, dass sich ausl. Unternehmen zur Erlangung einer Freistellungsbescheinigung bei einem inländischen FA gemeldet haben. Dadurch wurde eine deutliche Verringerung des Informationsdefizits der Finanzverwaltung erreicht, weil die Unternehmen zur Erlangung einer Freistellungsbescheinigung ihre vertraglichen Beziehungen offen legen mussten.
Bereits während des kurzen Anwendungszeitraums des § 50a Abs. 7 EStG a. F. (1.4. bis Mitte Juli 1999) wurden insgesamt allein in Bayern weit über 700 ausl. Werkvertragsunternehmen erstmals erfasst. Dabei konnte in ca. 10 % der aufgegriffenen Fälle tatsächlich eine Steuerpflicht im Inland festgestellt werden. Ähnliche Erfahrungen gab es z. B. auch in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Überwiegend handelte es sich dabei um Leistungen des Baugewerbes. Die von der Hessischen Zentrale für Werkvertragsunternehmen erfassten Fälle waren zu über 80 % der Baubranche zuzuordnen. Als Nebeneffekt konnten in vielen Fällen auch ausl. Arbeitnehmer lohnsteuerlich erfasst werden. Darüber hinaus sahen sich die ausl. Werkvertragsunternehmer durch den Steuerabzug in vielen Fällen veranlasst, ausstehende Steuererklärungen abzugeben sowie Steuerrückstände zu begleichen. Zudem ergaben sich verbesserte Möglichkeiten für die Vollstreckung und die Anpassung von Vorauszahlungen. Die Ergebnisse einer in Hessen im Jahre 1999 groß angelegten Steuerfahndungsaktion belegten zudem, dass die durch Sub- bzw. Werkv...