1.1 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 4f EStG a. F. regelte für die Vz 2006 bis 2008 die steuerliche Behandlung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten. Diese Vorschrift wurde durch das FamLeistG v. 22.12.2008 aufgehoben.
Rz. 2
§ 4f EStG i. d. F. des AIFM-StAnpG v. 23.12.2013 betrifft die steuerliche Behandlung der Übertragung von Verpflichtungen, die bei den ursprünglich Verpflichteten Passivierungsbeschränkungen (Ansatzverboten, -beschränkungen und Bewertungsvorbehalten) unterlegen haben. Will der ursprünglich Verpflichtete solche Verpflichtungen auf einen Erwerber übertragen, muss er diesem i. d. R. einen Ausgleich leisten, der den Betrag übersteigt, mit dem die Verpflichtung in der Steuerbilanz angesetzt werden darf. Dadurch entsteht steuerbilanziell Aufwand.
Rz. 3
§ 4f Abs. 1 EStG ordnet an, dass dieser Aufwand grundsätzlich nur gleichmäßig verteilt auf das Wirtschaftsjahr der Übertragung und die folgenden 14 Wirtschaftsjahre als Betriebsausgabe abgezogen werden kann (§ 4 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG). Die Norm enthält bestimmte Ausnahmen für die Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Betriebs oder gesamten Mitunternehmeranteils, den Arbeitgeberwechsel unter Mitnahme erworbener Pensionsansprüche und für kleine und mittlere Betriebe (§ 4f Abs. 1. S. 3 EStG), Sonderregelungen für die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs (§ 4f Abs. 1 S. 4 bis 6 EStG) sowie eine Regelung zur Rechtsnachfolge (§ 4f Abs. 1 S. 7 EStG). § 4f Abs. 2 EStG ordnet die teilweise entsprechende Geltung des Abs. 1 für Fälle des Schuldbeitritts und der Erfüllungsübernahme an.
§ 4f Abs. 1 S. 3 EStG wurde geändert durch G. v. 21.12.2020.
1.2 Grund für die Neuregelung
Rz. 4
§ 4f EStG ist ein Nichtanwendungsgesetz. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit dem ebenfalls neuen § 5 Abs. 7 EStG, der ebenfalls Teil des AIFM-StAnpG v. 23.12.2013 war. Mit beiden Vorschriften reagierte der Gesetzgeber auf die gefestigte Rspr. des BFH, wonach steuerrechtliche Passivierungsbeschränkungen nicht anwendbar waren, wenn eine andere Person die zugrunde liegenden Verpflichtungen übernommen hat oder ihnen beigetreten ist. Aus fiskalischer Sicht hätte diese Rspr. ungünstige Ergebnisse gezeitigt.
Übertragung von Pensionsverpflichtungen gegen Entgelt
Wurden Pensionsverpflichtungen entgeltlich auf einen Übernehmer gegen Zahlung eines Betrags (z. B. 300.000 EUR) übertragen, der den Wert überstieg, mit dem die zugehörigen Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz des ursprünglich Verpflichteten ausgewiesen waren, entstand Aufwand i. H. des gezahlten Betrags. Diesem Aufwand stand aber nur ein Ertrag i. H. der ausgebuchten, in der Steuerbilanz niedriger bewerteten Pensionsrückstellung gegenüber (z. B. 220.000 EUR). In Höhe der Differenz (im Beispiel 80.000 EUR) wurde die in der Pensionsrückstellung liegende stille Last realisiert.
Rz. 5
Nach der Rspr. des BFH waren diese 80.000 EUR sofort abziehbar. Der Erwerber der Pensionsverpflichtung war bei der Bilanzierung der übernommenen Pensionsrückstellung zudem nicht an den Bewertungsvorbehalt des § 6a EStG gebunden, musste die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz also nicht mit einem niedrigeren Wert als in der Handelsbilanz ausweisen. Bei ihm entstand daher kein korrespondierender Erwerbsgewinn. Dieser hätte nur entstehen können, wenn der Erwerber vom ursprünglich Verpflichteten zwar den vollen Betrag von z. B. 300.000 EUR erhalten hätte, in seiner Steuerbilanz auf den ersten Abschlussstichtag nach der Übertragung aber an den § 6a EStG-Wert gebunden gewesen wäre und daher nur eine Rückstellung i. H. v. z. B. 220.000 EUR hätte passivieren dürfen. Sein Ergebnis begründete der BFH vor allem mit dem Prinzip der Ertragsneutralität des Anschaffungsvorgangs. Im Ergebnis führte diese Rspr. dazu, dass der Übertragende einen steuerlich wirksamen Aufwand geltend machen konnte, während der Erwerber keinen Gewinn versteuern musste.
Rz. 6
Nachdem die Finanzverwaltung dieser BFH-Rspr. zunächst mit einem Erlass für Schuldübernahmen entgegengetreten war, wendete sich auch der Gesetzgeber durch die Neuregelung in §§ 4f, 5 Abs. 7 EStG gegen den geschilderten Effekt. In der Literatur wird z. T. in Zweifel gezogen, ob dies vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Besteuerung nach finanzieller Leistungsfähigkeit (Art. 3 GG) verfassungsgemäß ist.