Dr. Dino Höppner, Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 88
Ist der zur Gewinnrealisierung führende Umsatzakt ein Kaufvertrag (§ 433 BGB), so hat der Verkäufer die Forderung auf die Gegenleistung mit der Folge der Gewinnverwirklichung zu bilanzieren, wenn er das seinerseits zur Erfüllung des Vertrags Erforderliche getan hat, also nicht mehr der Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB ausgesetzt ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn das Eigentum an der veräußerten Sache auf den Käufer übergegangen ist; auf den Übergang der Nutzungen und den Gefahrübergang kommt es nicht an, wenn der Eigentumsübergang vor dem Zeitpunkt des Übergangs von Nutzungen, Lasten und Gefahr liegt. Der Verkäufer hat, wenn er vertragsgemäß das Eigentum auf den Käufer übertragen hat, i. d. R. kein wirtschaftliches Eigentum mehr, auch wenn für eine bestimmte Zeit noch Nutzungen, Lasten und Gefahr bei ihm verbleiben.
Rz. 88a
Gewinnrealisierung kann aber auch vor dem Übergang des rechtlichen Eigentums vorliegen, wenn das wirtschaftliche Eigentum bereits vor dem rechtlichen übergegangen ist. Das ist regelmäßig bei Grundstücken der Fall, bei denen nur noch die Eintragung in das Grundbuch aussteht. Gewinnrealisierung tritt in diesem Fall ein, wenn der Verkäufer seinerseits alles zur Erfüllung des Kaufvertrags Notwendige getan hat (also bei Grundstücken insbesondere die Auflassung erklärt hat) und die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Sache im Hinblick auf den künftigen Eigentumserwerb auf den Käufer übergegangen ist. Ab diesem Zeitpunkt liegt die wirtschaftliche Verfügungsgewalt bei dem Erwerber. Der Veräußerer darf daher die Kaufsache ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in seiner Bilanz ausweisen. Gleiche Grundsätze gelten, wenn die Einrede des nicht erfüllten Vertrags vertraglich ausgeschlossen ist; auch dann tritt Gewinnrealisierung erst ein, wenn der Kaufmann seinerseits alles zur Erfüllung des Vertrags Erforderliche getan hat.
Rz. 88b
Zum gleichen Zeitpunkt hat der Käufer seine Verpflichtung auf Zahlung des Kaufpreises zu passivieren. Maßgebender Zeitpunkt ist dabei regelmäßig der Zeitpunkt der Übergabe der Sache (Ware). Nach § 446 BGB gehen mit diesem Zeitpunkt die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung sowie die Nutzungen und Lasten der Sache auf den Käufer über. Mit diesem Zeitpunkt ist regelmäßig das wirtschaftliche Eigentum übergegangen. Eine Eigentumsübertragung im zivilrechtlichen Sinn ist nicht erforderlich; der Gefahrübergang kann auch vor diesem Zeitpunkt liegen.
Rz. 88c
Ohne Bedeutung ist auch, ob der Kaufvertrag anfechtbar ist oder wegen Mängeln der Ware die Geltendmachung des Anspruchs auf Nacherfüllung nach § 439 BGB oder anderer Gewährleistungsansprüche (Rücktritt, Schadensersatzanspruch) droht. Dies gilt auch, wenn der Käufer wegen der behaupteten Mängel einen Teil des Kaufpreises zurückbehalten hat. Dies beeinflusst den Gefahrübergang und damit den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nicht. Diese Vorgänge sind erforderlichenfalls durch die Bildung einer Garantierückstellung zu berücksichtigen.
Rz. 88d
Entsprechendes gilt, wenn am Bilanzstichtag noch ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht einer der Vertragsparteien oder beider besteht und dieses Rücktrittsrecht noch nicht ausgeübt worden oder wenn der Kaufpreis bei Eintreten bestimmter Umstände herabzusetzen ist. Der Rücktritt ist bilanziell erst zu berücksichtigen, wenn er ausgeübt worden ist. Das Risiko der in Zukunft durch Anfechtung, Gewährleistung oder Rücktritt erforderlich werdenden Rückgewähr kann erforderlichenfalls durch eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten berücksichtigt werden.
Zu berücksichtigen ist nur mit der Folge, dass keine Gewinnrealisierung eintritt, wenn der Vertrag nichtig und zu erwarten ist, dass sich eine der Vertragsparteien auf die Nichtigkeit berufen wird.
Rz. 89
Eine Gewinnrealisierung tritt bei Bestehen eines Ankaufsrechts oder einer Kauf- oder Verkaufsoption (zur Gewinnrealisierung bei Optionsrechten Rz. 134) noch nicht ein, jedenfalls nicht, solange noch ungewiss ist, ob das Ankaufsrecht bzw. die Option ausgeübt wird.
Rz. 90
Beim Versendungskauf (§ 447 BGB) geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, Frachtführer oder einer sonstigen zur Ausführung der Versendung beauftragten Person übergeben hat. Mit dieser Übergabe hat der Verkäufer seinerseits alles Erforderliche getan, er hat daher die Forderung auf die Gegenleistung mit der Folge der Gewinnrealisierung zu aktivieren, obwohl das wirtschaftliche Eigentum noch nicht übergegangen ist.
Rz. 91
Nimmt der Käufer die Ware vertragswidrig nicht ab (Annahmeverzug gem. § 293 BGB), geht die Gefahr auf den Käufer über; beim Verkäufer tritt Gewinnrealisierung ein. Der Verkäufer hat also die Forderung auf die Gegenleistung zu aktivieren, da er seinerseits alles Erforderliche getan hat und die Gefahr übergegangen ist. Das Risiko, dass der Verkäufer die Kaufpreisforderung wegen der vertragswidrigen A...