Dr. Dino Höppner, Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 143
Bei Termingeschäften, die der Kurssicherung dienen ("geschlossene Positionen"; Hedges), ist die wesentliche Frage, ob das Kurssicherungsgeschäft mit dem gesicherten Geschäft bzw. Wirtschaftsgut hinsichtlich der Bewertung des Kursrisikos (Währungsrisikos) zu einer "Bewertungseinheit" zusammengefasst werden kann. Geschieht dies nicht, führen Kursänderungen nach dem Imparitätsgrundsatz zum Ausweis von Verlusten, während die dazugehörigen Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen. Hat der Kaufmann etwa Devisen auf Termin verkauft, weil er eine Fremdwährungsforderung hat, führen sinkende Devisenkurse bei der Fremdwährungsforderung zu einem Verlust, bei dem Termingeschäft zu einem Gewinn; bei steigenden Kursen ist es umgekehrt. Er müsste nun den Verlust (z. B. durch Abwertung der Fremdwährungsforderung) ausweisen, während der Gewinn bei dem Termingeschäft noch nicht realisiert ist. Kauft der Kaufmann Devisen auf Termin, weil er eine Fremdwährungsverbindlichkeit hat, gilt Entsprechendes. Sinkende Kurse führen zu einem Verlust bei dem Termingeschäft, aber einem Gewinn bei der Verbindlichkeit, steigende Kurse führen zu einem Gewinn bei dem Termingeschäft, aber einem Verlust bei der Fremdwährungsverbindlichkeit.
Der Kaufmann müsste also Kursverluste (z. B. durch Abwertung der Fremdwährungsforderung bzw. durch Ansatz des höheren Rückzahlungsbetrags bei der Fremdwährungsverbindlichkeit; bei Verlusten aus dem Termingeschäft jeweils durch eine Drohverlustrückstellung) ausweisen, obwohl er das Kurssicherungsgeschäft gerade zur Vermeidung solcher Kursverluste eingesetzt hat, und durch den Gewinn bei dem korrespondierenden Geschäft (je nach Kursentwicklung das Fremdwährungsgeschäft oder das Termingeschäft) bei Fälligkeit ein solches Risiko tatsächlich auch nicht besteht.
Rz. 144
§ 254 HGB i. d. F. des BilMoG lässt die Bildung von Bewertungseinheiten durch Zusammenfassung von Aktiv- und Passivpositionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertveränderungen oder Zahlungsströme bei Einsatz von Finanzinstrumenten zu. Finanzinstrumente i. d. S. sind auch Termingeschäfte über Waren. § 254 HGB stellt damit eine Ausnahme vom Prinzip der Einzelbewertung dar. Die Bildung von Bewertungseinheiten bzw. die Saldierung von Gewinnen und Verlusten nach IFRS und US-GAAP sind nicht maßgebend.
Rz. 144a
Handelsrechtlich sind Kursrisiken durch die Bildung von Bewertungseinheiten nicht gewinnmindernd auszuweisen, soweit das Kursrisiko durch Kurssicherungsgeschäfte gesichert ist. Es wird dadurch eine "Bewertungseinheit" zwischen dem Risikogeschäft und dem Deckungsgeschäft geschaffen, das eine Ausnahme vom Gebot der Einzelbewertung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB und damit von dem daraus abgeleiteten Saldierungsverbot nach § 246 Abs. 2 S. 1 HGB bedeutet.
Nach § 5 Abs. 1a S. 2 EStG sind die nach handelsrechtlichen Grundsätzen gebildeten und jetzt in § 254 HGB geregelten Bewertungseinheiten bei Geschäften zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgebend.
Bis zur Einführung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG im Jahr 2006 sowie der Neufassung von § 254 HGB durch das BilMoG im Jahr 2009 fehlten explizite gesetzliche Grundlagen. Für Fremdwährungsgeschäfte von Kreditinstituten gab es lediglich die spezielle Regelung in § 340h HGB a. F., die jedoch nicht als allgemeiner GoB angesehen wurde und nur für die Bankbranche galt. Durch die Einführung von § 5 Abs. 1a EStG im Rahmen des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen entstand erstmalig eine branchenübergreifende gesetzliche Regelung zur Bildung von Bewertungseinheiten für die steuerbilanzielle Behandlung.
Angesichts dieser Situation schuf § 5 Abs. 1a EStG zunächst wenig Klarheit im Recht, da es zur Zeit der Reform – abgesehen vom § 340h HGB a. F. – keine konkreten handelsrechtlichen Richtlinien für die Bildung von Bewertungseinheiten gab. Erst mit der Neufassung des § 254 HGB durch das BilMoG entstand eine für alle Kaufleute geltende handelsrechtliche Regelung. Diese Vorschrift legt in ihrem ersten Satz fest, dass die §§ 249 Abs. 1 (Rückstellungen), 252 Abs. 1 Nr. 3 (Einzelbewertung) und Nr. 4 (Vorsichtsprinzip), 253 Abs. 1 S. 1 (Anschaffungskostenprinzip) und 256a HGB (Bewertungsvereinfachungsverfahren) insoweit und solange nicht anzuwenden sind, wie gegenläufige Wertänderungen oder Zahlungsströme ausgeglichen werden, weil "Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder erwartete Transaktionen mit hoher Wahrscheinlichkeit" "zur Kompensation gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aufgrund ähnlicher Risiken mit Finanzinstrumenten zusammengefasst"“ wurden. Im zweiten Satz wird klargestellt, dass unter den Begriff der Finanzinstrumente auch "Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren" fallen. Für Kapitalgesellschaften und diesen nach § 264a HGB gleichgestellte Personengesellschaften fordert § 285 Nr. 23 HGB zusätzliche Angaben im Anhang im Zusammenhang mit der Bildung einer Bewertungseinhe...