Rz. 255

Verallgemeinernd kann man somit sagen, dass RAP nur bei Miet- und Pachtverhältnissen sowie bei Darlehensverträgen und ähnlichen Verträgen, die eine nach Zeiteinheiten zu bemessende Berechtigung gewähren, denkbar sind (Versicherungsverträge, Zeithonorare etc.). Aber nicht nur für privatrechtliche Rechtsverhältnisse, auch für öffentlich-rechtliche Berechtigungen, die zeitabhängig gewährt werden, sind RAP zu bilden.[1] Sie erfassen die Vorleistungen eines der Vertragspartner innerhalb dieser zeitbestimmten Leistungsverhältnisse. Allerdings kennt das Gesetz kein Tatbestandsmerkmal für die Rechnungsabgrenzungspflicht des Inhalts, dass einer Vorleistung des einen Vertragsteils eine noch nicht erbrachte Gegenleistung des anderen Vertragsteils gegenübersteht.[2] Dies ergibt sich vielmehr nur aus der Natur der Sache und dürfte in Ausnahmefällen verzichtbar sein. Deshalb dürfte auch der Kfz-Steuer-Aufwand aktiv abzugrenzen sein, wenn der Steuererhebungszeitraum das Wirtschaftsjahr überschreitet (Rz. 248c, 257a).

 

Rz. 256

In den typischen Fällen der Rechnungsabgrenzung im Bereich der Vorleistungen auf ausstehende, zeitbezogene Gegenleistungen unterscheidet sich das durch das Institut der Rechnungsabgrenzung erreichte Ergebnis nicht von der buchmäßigen Behandlung von Vorleistungen innerhalb anderer, nicht zeitbezogener Leistungsaustauschverhältnisse. Das gilt zunächst für die Bilanzierung aus der Sicht des Zahlungspflichtigen: Erbringt der Käufer eine Vorauszahlung auf einen zu liefernden Gegenstand, so ist diese als geleistete Anzahlung zu bilanzieren. Erbringt der Dienstberechtigte Vorleistungen im Hinblick auf die vom Dienstverpflichteten zu erbringende Dienstleistung, so ist der Betrag als sonstige Forderung unter der Bezeichnung "Gehaltsvorschüsse" zu aktivieren. Auch Vorauszahlungen innerhalb eines Werkvertrags sind als geleistete Anzahlungen anzusetzen. Lediglich bei den genannten zeitbestimmten Leistungsverhältnissen werden die Vorleistungen über das Rechtsinstitut der Rechnungsabgrenzung erfasst.

 

Rz. 256a

Gleiches lässt sich aber auch für die Verhältnisse beim Sachleistungspflichtigen feststellen:

 

Beispiel 1:

Der Sachleistungspflichtige S verkauft ein Wirtschaftsgut an den Zahlungspflichtigen Z am 2.1.02. Z hat den Kaufpreis bereits am 31.12.01 an S gezahlt.

S muss die eingegangene Vorauszahlung am 31.12.01 erfolgsneutral (per Kasse an erhaltene Vorauszahlung) buchen, weil eine erfolgswirksame Erfassung nicht den Grundsätzen der Behandlung schwebender Geschäfte entspräche und S am Stichtag auch noch kein Behaltensrecht für die empfangene Vorauszahlung hat, also ggf. rückzahlungspflichtig ist.

 

Beispiel 2:

S vermietet das Wirtschaftsgut für den Monat 1/02 an Z. Der zahlt den Mietpreis bereits am 31.12.01 an S.

Auch hier muss S die erhaltene Anzahlung passivieren. Eine Sachleistungsverpflichtung kann er zum 31.12.01 noch nicht buchen, weil diese erst mit dem 1.1.02 entsteht. Genauso wie in Beispiel 1 – also ohne Zeitbezogenheit der Sachleistung – verstieße eine erfolgswirksame Vereinnahmung der Vorauszahlung zum 31.12.01 gegen die Bilanzierungsgrundsätze schwebender Geschäfte. Zudem hat S auch hier am 31.12.01 noch keine Berechtigung, den empfangenen Betrag endgültig zu behalten. Dass die von ihm geschuldete Leistung zeitbezogen ist, ändert somit an der Bilanzierung nichts.

Das Institut der Rechnungsabgrenzung heutiger Prägung (also der RAP i. e. S.) wäre somit grundsätzlich verzichtbar; die empfangenen oder erbrachten Vorleistungen ließen sich auch bei zeitbezogenen Leistungsverhältnissen wie bei anderen Vertragstypen aktivieren bzw. passivieren. Lediglich die zeitabhängige Auflösung der Korrekturposten bei Laufzeiten über mehrere Wirtschaftsjahre ist bei nicht zeitbezogenen Leistungen unbekannt. Die Abwicklung über RAP entspricht aber heutzutage einer gesetzlich sanktionierten Handelsübung.

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