Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 128
Das BMF hat zu der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des § 50d Abs. 3 EStG die Auffassung vertreten, dass die Feststellungslast (objektive Beweislast) bei der ausl. Gesellschaft liegt, die die Entlastung geltend macht. M. E. war das in dieser allg. Form nicht richtig. Der zwischengeschalteten ausl. Gesellschaft steht nach Abs. 1, 2 grds. die Entlastung nach DBA oder EU-Richtlinie zu. Dieses Recht wird durch Abs. 3 bei Vorliegen seines Tatbestands ausgeschlossen, ist also eine Ausnahme von der allg. Entlastungsberechtigung. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für diese Einschränkung des Rechts aus Abs. 1, 2 trägt die Finanzverwaltung, da hierdurch ein bestehendes Recht des Stpfl. eingeschränkt wird; die Finanzverwaltung trägt nach allg. Grundsätzen die objektive Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatbestände, auf die sie sich beruft. Anhaltspunkte dafür, dass das Gesetz diese allgemeine Regelung über die objektive Beweislast zulasten des Stpfl. verändern wollte, enthielt Abs. 3 nicht.
Rz. 129
Allerdings war damit für den Stpfl. noch nicht viel gewonnen. Der Stpfl. trägt allgemein für die in seine Sphäre fallenden Umstände die Darlegungslast; hinzu kommt § 90 Abs. 2 AO mit der verstärkten Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen. Die ausl. Gesellschaft, die die Entlastung beantragte, musste also die Gründe für ihre Zwischenschaltung, den Umfang ihrer eigenen Wirtschaftstätigkeit und den Umfang ihres Geschäftsbetriebs darlegen. Im Ergebnis legte das Gesetz daher dem Entlastungsberechtigten die Darlegung des Sachverhalts auf.
Rz. 130
Die Neufassung der Vorschrift durch das G. v. 7.11.2011 brachte in Abs. 3 S. 4 eine ausdrückliche Regelung der Darlegungs- und Beweislast, die als Spezialregelung die allgemeine Regelung des § 90 Abs. 2 AO verdrängt. Nach allgemeinen Grundsätzen hat der Stpfl. den Sachverhalt darzulegen, d. h., er muss darlegen, welche Personen beteiligt sind, welche Funktionen die ausl. Gesellschaft ausübt, welche Wirtschaftstätigkeit sie entfaltet, wie ihr Geschäftsbetrieb eingerichtet ist und auf welche Weise, in welchem Umfang sie an dem allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt sowie ob und in welchem Umfang die Aktien an einer Börse gehandelt werden. Hat sie diese Darlegungslast erfüllt, und kann der Sachverhalt trotzdem nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, greift die Regelung über die Feststellungslast bzw. die objektive Beweislast ein. Nach § 50d Abs. 3 S. 4 EStG trägt der Stpfl. diese Feststellungslast für das Vorliegen wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher Gründe nach Abs. 3 S. 1 Nr. 1 sowie für das Vorhandensein eines angemessen eingerichteten Gewerbebetriebs nach Abs. 3 S. 1 Nr. 2. Für alle anderen Faktoren, wie die Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr trägt jedoch die Finanzverwaltung die objektive Beweislast, d. h. hat die Folgen zu tragen, wenn sich insoweit der Sachverhalt nicht feststellen lässt.