Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 262
Die Vorschrift bezieht sich auf Sondervergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG. Daraus ergibt sich, dass eine Personengesellschaft vorliegen muss, die Mitunternehmerschaft ist. Einbezogen ist damit die atypische stille Gesellschaft. Soweit keine Mitunternehmerschaft vorliegt, also die Personengesellschaft nur vermögensverwaltend tätig ist, ohne gewerblich geprägt zu sein, ist die Vorschrift nicht anwendbar. Jedoch schließt § 50d Abs. 10 S. 7 Nr. 1 EStG auch die gewerblich geprägte Personengesellschaft aus dem Geltungsbereich der Vorschrift aus (Rz. 265). Aus der Verweisung auf § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG ergibt sich auch, dass die Vergütungen an Mitunternehmer gezahlt werden müssen. Soweit der Gesellschafter im Einzelfall nicht die Stellung eines Mitunternehmers hat, ist die Vorschrift ebenfalls nicht anwendbar.
Rz. 263
Ausgedehnt wird der Geltungsbereich des § 50d Abs. 10 EStG auf die entsprechenden Vergütungen, die ein persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA von dieser erhält (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG).
Rz. 264
§ 50d Abs. 10 EStG unterscheidet nicht danach, in welchem der beiden beteiligten Staaten sich die Geschäftsleitung der Personengesellschaft befindet, ob es sich also um eine "inländische" oder eine "ausländische" Personengesellschaft handelt. Gleiches gilt für die KGaA; die Vorschrift unterscheidet nicht danach, in welchem Staat die KGaA ansässig ist. Die Vorschrift ist daher sowohl anwendbar, wenn sich die Geschäftsleitung der Personengesellschaft im Inland befindet, und es sich daher um eine "inländische Personengesellschaft" handelt, als auch im umgekehrten Fall. Von der Vorschrift erfasst werden daher sowohl Sondervergütungen, die eine inländische Personengesellschaft an einen ausl. Gesellschafter zahlt, als auch den umgekehrten Fall, in dem eine ausl. Personengesellschaft Sondervergütungen an einen inländischen Gesellschafter zahlt. Das bedeutet, dass bei einer Personengesellschaft mit Geschäftsleitung im anderen Staat und einem in der Bundesrepublik ansässigen Gesellschafter die Sondervergütungen zu den Betriebsstättengewinnen der ausl. Personengesellschaft gehören und daher an sich in der Bundesrepublik bei Anwendung der Freistellungsmethode von der deutschen Besteuerung freizustellen wären. Diese Rechtsfolge verhindert jedoch § 50d Abs. 10 S. 8 EStG. Danach bleibt § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG auf solche Fälle anwendbar. Da der ausl. Staat i. d. R. ein Konzept der Sondervergütungen nicht kennt, wird er auf diese Vergütungen den Zins- bzw. Lizenzartikel anwenden und daher allenfalls eine in der Höhe beschr. Quellensteuer erheben. Daher wendet die Bundesrepublik die Freistellungsmethode nicht an, sondern geht zur Anrechnungsmethode über. In diesen Fällen werden die Sondervergütungen also, trotz Zugehörigkeit zu der ausl. Betriebsstätte, in Deutschland unter Anrechnung der ausl. Steuer der deutschen Steuer unterworfen. Vgl. zur Wirkungsweise des Abs. 9 S. 1 Nr. 1 Rz. 199