Rz. 278

Als Rechtsfolge bestimmt § 50d Abs. 10 S. 1 EStG, dass die Sondervergütungen für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns nach Art. 7 OECD-MA zu qualifizieren sind. Durch den Ausdruck "ausschließlich" wird bestimmt, dass eine andere Qualifizierung, etwa als Zinsen oder Lizenzgebühren nach Art. 11, 12 OECD-MA, nicht in Betracht kommt.[1] Die Vorschrift verdrängt damit Art. 7 Abs. 4 OECD-MA, wonach die Qualifizierung der Sondervergütungen als Zinsen, Lizenzgebühren usw. vorrangig vor der Qualifizierung als Unternehmensgewinne ist. Durch die Qualifizierung als "Teil" des Unternehmensgewinns wird zum Ausdruck gebracht, dass der "Unternehmensgewinn" eine einheitliche Größe ist, also nicht mehrere Unternehmensgewinne bestehen. In der ursprünglichen Fassung der Vorschrift war das nicht berücksichtigt worden; vielmehr sollten die Sondervergütungen als "Unternehmensgewinne" des vergütungsberechtigten Gesellschafters qualifiziert werden.

 

Rz. 278a

Die Vorschrift ist nach § 7 S. 6 GewStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags in entsprechender Anwendung zu berücksichtigen. Die Auswirkungen dieser Verweisung auf die GewSt sind aber unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um einen ausl. Gesellschafter einer inländischen Personengesellschaft oder einen inländischen Gesellschafter einer ausl. Personengesellschaft handelt. Bei einer inländischen Personengesellschaft mit ausl. Gesellschaftern führt die Verweisung dazu, dass die Sondervergütungen, die an die ausl. Gesellschafter gezahlt werden, Teil des im Inland zu besteuernden Gewerbeertrags sind, soweit sie einer inländischen Betriebsstätte (i. d. R. der inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte) zuzuordnen sind. Dagegen sind Sondervergütungen, die eine ausl. Personengesellschaft an die inländischen Gesellschafter zahlt, der ausl. Geschäftsleitungsbetriebsstätte der Personengesellschaft zuzuordnen und unterliegen damit mangels einer inländischen Betriebsstätte nicht der GewSt. Eine dem § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG entsprechende Vorschrift gibt es im GewStG nicht; diese Vorschrift ist im GewSt-Recht auch nicht entsprechend anwendbar.

 

Rz. 279

Zweck der Regelung des Abs. 10 ist, die Sondervergütungen nicht unter Art. 11 oder 12 OECD-MA zu subsumieren, sondern ausschließlich unter Art. 7 OECD-MA. Wenn die Personengesellschaft ihre Geschäftsleitung im Inland hat, soll damit das deutsche Besteuerungsrecht an den Sondervergütungen gesichert werden. Das Gesetz regelt daher sowohl in der früheren als auch in der Neufassung, dass diese Vergütungen ausschließlich Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters sind. Damit wird die abkommensrechtliche Qualifikation dieser Vergütungen als Zinsen, Lizenzgebühren usw. verdrängt und eine eigene nationalrechtliche Qualifizierung an ihre Stelle gesetzt. Die Regelung stellt also einen Treaty Override dar, ohne das ausdrücklich zu bestimmen (Rz. 3ff.). Jedoch geht der Wille des Gesetzgebers, dass diese Vorschrift den entsprechenden Regelungen des DBA vorgehen soll, ausreichend klar aus der Regelung hervor.

 

Rz. 280

Es war jedoch bestritten, ob die Qualifizierung der Vergütungen als Unternehmensgewinne ausreichend war, ob also die Vorschrift ihren Zweck wirklich erreichte.[2] Der Grund für diese Zweifel lag darin, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik für die Sondervergütungen nach den DBA von zwei Voraussetzungen abhängt, nämlich der Qualifikation als Unternehmensgewinne und zusätzlich die Zugehörigkeit der Sondervergütungen zu einer inländischen Betriebsstätte nach Art. 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 OECD-MA. § 50d Abs. 10 EStG in der ursprünglichen Fassung regelte seinem Wortlaut nach nur die erste dieser Voraussetzungen, nämlich die Zugehörigkeit der Sondervergütungen zu den Unternehmensgewinnen, nicht aber die zweite Voraussetzung, die Zugehörigkeit zu einer inl. Betriebsstätte. Der BFH war diesen Bedenken gefolgt und hat Abs. 10, trotz der insoweit eindeutigen Absicht des Gesetzgebers, als gegenstandslos angesehen.[3] Deutschland stand danach nur ein Quellensteuerabzugsrecht zu, das Deutschland in Bezug auf Zinsen nicht ausübt. Handelt es sich bei den Sondervergütungen um Lizenzgebühren, kann je nach dem Inhalt des jeweiligen DBA ein der Höhe nach beschr. Quellensteuerabzugsrecht nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG bestehen. Außer durch das jeweilige DBA kann das Quellensteuerabzugsrecht bei Lizenzgebühren aber auch durch die Zins- und Lizenzrichtlinie, die in § 50g EStG umgesetzt wurde, ausgeschlossen sein.

 

Rz. 281

Die Neufassung des § 50d Abs. 10 EStG trägt der Rspr. des BFH insoweit Rechnung, als S. 3 bestimmt, dass die Vergütung derjenigen Betriebsstätte zuzurechnen ist, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegenden Leistung zuzuordnen ist. Maßgebend ist daher, welcher Betriebsstätte der Aufwand zuzurechnen war. Dabei ist nicht die tatsächlich erfolgte Zurechnung maßgebend, sondern diejenige Zurechnung, die dem Gesetz entspricht. Für diese Zurechnung gilt ...

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