Prof. Dr. iur. Swen O. Bäuml
Rz. 27
§ 50i EStG zielt grundsätzlich auf bisher im Inland ansässige stpfl. natürliche Personen ab, die vor einem Wegzug Anteile i. S. d. § 17 EStG oder andere Wirtschaftsgüter überführt bzw. übertragen haben. Diese sind nach dem Wegzug nach dem jeweils zur Anwendung kommenden DBA nicht mehr in Deutschland, sondern im anderen Vertragsstaat ansässig (z. B. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA bzw. eine vergleichbare Abkommensbestimmung i. V. m. §§ 8, 9 AO). In der Konsequenz ist § 50i EStG nur auf DBA-Fälle bzw. nur auf Stpfl. anzuwenden, die in einem Staat ansässig sind, mit dem ein DBA besteht.
Rz. 28
Der "Wegzug" als Tatbestandsvoraussetzung wird nicht ausdrücklich genannt. Auch ist vom Wortlaut her nur der "Steuerpflichtige" angesprochen und eine Beschränkung auf natürliche Personen nicht enthalten.
Rz. 29
In der Folge könnte § 50i EStG daher auch so verstanden werden, dass jeder Stpfl., der in einem DBA-Staat ansässig ist, in seinen Anwendungsbereich fällt. Erfasst würden neben natürlichen Personen auch juristische Personen, unabhängig davon, ob diese Personen selbst Anteile übertragen haben und/oder weggezogen sind. Bejaht man diese weite Auslegung, wären – zumindest was die laufenden Einkünfte i. S. d. § 50i Abs. 1 S. 3 EStG anbelangt – auch ausl. Mitgesellschafter betroffen, unabhängig davon, ob und welcher von mehreren Gesellschaftern Übertragender bzw. Überführender der Wirtschaftsgüter bzw. Anteile war.
Rz. 30
Der Wortlaut des § 50i EStG ist auch insofern unscharf, als nicht eindeutig bestimmt ist, ob der Stpfl. bereits vor oder erst nach der Übertragung bzw. Überführung der Wirtschaftsgüter auf die Personengesellschaft im anderen Vertragsstaat ansässig sein muss. Die Gesetzesmaterialien gehen als Regelfall davon aus, dass der Stpfl. erst nach der Übertragung bzw. Überführung im Ausland ansässig geworden ist.
Rz. 31
Im Schrifttum wird z. T. darauf hingewiesen, dass jenseits des gesetzlichen Regelfalls auch Fälle denkbar sind, in denen der Stpfl. bereits vor einer Übertragung bzw. Überführung der Wirtschaftsgüter auf die Personengesellschaft im Ausland ansässig war. Gemeint sind z. B. Fälle, in denen der Anteilseigner einer inländischen vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft im Ausland ansässig ist und diese in die Rechtsform der GmbH & Co. KG wechselt oder der Fall, dass Wirtschaftsgüter eines Steuerausländers dem Sonderbetriebsvermögen einer inländischen Personengesellschaft zuzuordnen sind (z. B. im Ausland ansässiger Mitunternehmer, der daneben an 2 wirtschaftlich verflochtenen Inlandskapitalgesellschaften beteiligt ist, wovon eine Beteiligung in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft übertragen wird).
Rz. 32
Aus Sicht der Finanzverwaltung auf Grundlage des BMF-Schreibens zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Personengesellschaften v. 26.9.2014 soll es dagegen nicht von Bedeutung sein, zu welchem Zeitpunkt der Stpfl. in dem DBA-Staat ansässig geworden ist.
Rz. 33
Die Rechtsfolge von § 50i Abs. 1 S. 1 EStG ist auf ehemals im Inland stpfl., weggezogene natürliche Personen beschränkt. Stpfl. i. S. d. § 50i EStG insgesamt sind daher im Ergebnis nach – soweit ersichtlich – überwiegender Auffassung Steuerinländer, die vor einem Wegzug Anteile oder andere Wirtschaftsgüter ohne steuerliche Realisierung stiller Reserven übertragen bzw. überführt haben und diese "später" – also nach einem Wegzug – gewinnrealisierend veräußern.