Prof. Dr. Georg Schnitter
9.1 Allgemeines
Rz. 57
Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden i. S. d. § 55 EStG entstehen, dürfen nach § 55 Abs. 6 S. 1 EStG bei der Ermittlung des Gewinns in Höhe des Betrags nicht berücksichtigt werden, um den der ausschließlich auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten unter dem doppelten Ausgangsbetrag liegt. Entsprechendes gilt nach § 55 Abs. 6 S. 2 EStG auch bei Ansatz des niedrigeren Teilwerts für den Grund und Boden nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG.
Rz. 58
Durch die Verlustausschlussklausel soll die Berücksichtigung von Verlusten, die sich bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden bzw. bei einer Teilwertabschreibung durch eine zu hohe Ausgangsbewertung (doppelter Ausgangsbetrag) ergeben, ausgeschlossen werden. Von daher findet die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG bei der Bewertung des Grund und Bodens mit dem Teilwert nach § 55 Abs. 5 EStG keine Anwendung.
Rz. 59
Die Anwendung von § 55 Abs. 6 EStG ist bei der Veräußerung oder Entnahme jedes einzelnen Grundstücks zu prüfen. Entsprechendes gilt auch bei der Veräußerung oder Entnahme eines Teils eines Grundstücks. Werden z. B. mehrere Grundstücke zu einem Gesamtpreis veräußert, muss der Kaufpreis aufgeteilt werden. Die Aufteilung erfolgt, sofern insoweit keine angemessenen vertraglichen Vereinbarungen vorliegen, auf der Grundlage der Teilwerte der einzelnen Grundstücke. Die Notwendigkeit der Aufteilung des Kaufpreises kann sich auch aufgrund der Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG ergeben. Erwirbt z. B. der Miteigentümer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücksflächen, die zum 1.7.1970 mit dem doppelten Ausgangsbetrag nach § 55 Abs. 1 bis 4 EStG bewertet worden sind, nach dem 1.7.1970 den anderen Miteigentumsanteil hinzu, zwingt die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG dazu, für den neu erworbenen Anteil als Buchwert die Anschaffungskosten getrennt vom Buchwert des doppelten Ausgangsbetrags für den ihm schon bisher gehörenden Anteil anzusetzen. Bei einer späteren Veräußerung dieser Grundstücksflächen muss der Veräußerungsgewinn für beide Buchwerte gesondert ermittelt werden.
9.2 Verbot der Verlustberücksichtigung
Rz. 60
Nach § 55 Abs. 6 S. 1 EStG dürfen Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden i. S. d. § 55 EStG entstehen, bei der Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinns in Höhe des Betrags nicht berücksichtigt werden, um den der auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert – bei Entnahmen ist dies der Entnahmewert – nach Abzug der Veräußerungskosten unter dem Zweifachen des Ausgangsbetrags liegt. Entstanden sein müssen die Verluste aufgrund einer Veräußerung oder Entnahme nach dem 30.6.1970, wobei der entsprechende Grund und Boden nur dann von der Verlustklausel erfasst wird, wenn die Bewertung mit dem doppelten Ausgangsbetrag erfolgt ist. Keine Anwendung findet die Verlustausschlussklausel, wenn der entsprechende Grund und Boden mit Ablauf des 30.6.1970 nicht zum Anlagevermögen gehört hat. Gleiches gilt in den Fällen, in denen er nach dem 30.6.1970 erworben oder in denen er mit dem höheren Teilwert nach § 55 Abs. 5 EStG bewertet worden ist.
Rz. 61
Auf welchen Umständen der Veräußerungs- oder Entnahmeverlust beruht, ist für die Anwendung von § 55 Abs. 6 EStG unerheblich. Er kann zurückzuführen sein auf die Veränderung von Preisverhältnissen oder auf tatsächliche Veränderungen am Grundstück. Dabei werden auch nach dem 1.7.1970 eintretende Wertveränderungen durch § 55 Abs. 6 EStG neutralisiert. Entsprechendes gilt auch bei einer Teilwertabschreibung. Die gesetzliche Regelung hat damit zur Folge, dass Verluste aufgrund eines zu hohen Ausgangswerts mit Verlusten aus Wertminderungen, die nachweislich nach dem Bewertungsstichtag i. S. d. § 55 EStG entstanden sind, gleich behandelt werden. Folge ist eine zunehmende Ungleichbehandlung, je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Bewertungsstichtag i. S. d. § 55 EStG und dem Zeitpunkt der Veräußerung, Entnahme bzw. Teilwertabschreibung wird. Dies dürfte mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sein. Die jeweiligen Verluste dürfen mit positiven Einkünften des gleichen Jahres nicht ausgeglichen werden. Ein Verlustrücktrag oder ein Verlustvortrag sind ebenfalls ausgeschlossen. Aufgrund der Verlustausschlussklausel in § 55 Abs. 6 EStG darf ein Verlust bei einer gestreckten Veräußerung von Grund und Boden im Rahmen der Anwendung von § 4 Abs. 3 EStG unabhängig vom Zufluss der einzelnen Veräußerungserlöse nur insoweit nicht berücksichtigt werden, als bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Höhe des doppelten Ausgangsbetrags die gesamte vereinbarte Gegenleistung übersteigen. In Höhe dieses Differenzbetrags liegt ein Verlust i. S. d. § 55 Abs. 6 EStG vor, der in dem Jahr, in dem ...