Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Dr. Axel Mutscher
Rz. 257g
Nach § 253 Abs. 2 bis 4 HGB i. d. F. vor dem Inkrafttreten des BilMoG v. 25.5.2009 durfte ein angesetzter niedrigerer Wert beibehalten werden, auch wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Für Kapitalgesellschaften sah demgegenüber § 280 Abs. 1 HGB a. F. ein Wertaufholungsgebot vor. Von einer Zuschreibung konnte jedoch nach § 280 Abs. 2 HGB abgesehen werden, wenn der niedrigere Wertansatz bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung beibehalten werden konnte. Dies war früher möglich, weil eine einmal vorgenommene Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG und § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung beibehalten werden konnte. An die Stelle dieser bisherigen Regelungen ist mit § 253 Abs. 5 HGB i. d. F. des BilMoG ein generelles rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot getreten, das lediglich für einen niedrigeren Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts nicht gilt, um nicht einen selbst geschaffenen neuen Geschäftswert zu erfassen. Im Übrigen darf nunmehr auch handelsrechtlich ebenso wie steuerrechtlich ein niedrigerer Wertansatz nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen.
Rz. 257h
Steuerrechtlich sind bereits seit dem 1.1.1999 Wirtschaftsgüter, auf die eine Teilwertabschreibung vorgenommen worden war, nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG und § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG in den Folgejahren mit den – um fiktive AfA fortgeführten – Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, es sei denn, der Stpfl. weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden kann. Der Stpfl. trägt die Beweislast für die Beibehaltung des niedrigeren Teilwerts. Sinnvollerweise sollte er die Gründe für die Beibehaltung für jedes Wirtschaftsjahr dokumentieren. Das Steuerrecht verwendet dabei einen quantitativen Maßstab, das Handelsrecht hingegen nach den vorstehenden Ausführungen einen qualitativen. Dieses Gebot einer gewinnwirksamen Wertaufholung erscheint folgerichtig. Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen bei Fortfall der Gründe für eine Rückstellung. Dann ist eine solche nach § 249 Abs. 3 HGB Gewinn erhöhend aufzulösen.
Rz. 257i
Hat sich nach einer Teilwertabschreibung der Teilwert im Folgejahr erhöht, so ist eine gewinnwirksame Zuschreibung bis zur Höhe der um fiktive AfA fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Abschreibungswert) geboten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die konkreten Gründe für die vorherige Teilwertabschreibung weggefallen sind. Auch eine Erhöhung des Teilwerts aus anderen Gründen führt zu einer Korrektur des Bilanzansatzes. Das Wertaufholungsgebot betrifft auch Teilwertabschreibungen, die vor dem 1.1.1999 vorgenommen worden sind. Der Gewinn einer Kapitalgesellschaft infolge einer Wertaufholung auf eine von ihr gehaltene Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft bleibt nach § 8b Abs. 2 S. 3 KStG außer Ansatz und damit steuerfrei. Eine Wertaufholung führt nach § 8b Abs. 2 S. 4 KStG nur insoweit zu einer stpfl. Gewinnerhöhung, als die Beteiligung in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. Eine einkommenswirksame Teilwertaufholung setzt keine vorausgegangene einkommenswirksame Teilwertabschreibung voraus. Daher umfasst eine einkommenswirksame Wertaufholung auch eine frühere ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung, die nach § 50c Abs. 1 S. 1 EStG 1990 nicht einkommenswirksam war. Sind sowohl steuerwirksame als auch steuerunwirksame Teilwertabschreibungen vorausgegangen, so ist eine Wertaufholung zunächst mit einer steuerunwirksamen Teilwertabschreibung zu verrechnen.
Das Wertaufholungsgebot enthält keine verfassungswidrige Rückwirkung im Hinblick darauf, dass bis zur Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz entstandene, mit einer Teilwertabschreibung verbundene Wertminderungen zu einer Gewinn erhöhenden Zuschreibung führen, wenn sie zum Bewertungsstichtag nicht mehr vorhanden sind. Es ist lediglich eine unechte Rückwirkung anzunehmen, weil in der Vergangenheit liegende Werterhöhungen erst in der Gegenwart eine Zuschreibung gebieten und dem Stpfl. die Beibehaltung eines Vorteils nicht verfassungsrechtlich garantiert ist.
Rz. 257j
Seit dem 1.1.1999 ist der Wertansatz eines jeden Wirtschaftsguts nach einer wann auch immer vorangegangenen Teilwertabschreibung auf eine etwaige Wertaufholung zu überprüfen. Der Teilwert muss für jeden Bilanzstichtag neu ermittelt werden. Der zutreffende Bilanzansatz ergibt sich aus dem Vergleich der um zulässige Abzüge (AfA) geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an ihre Stelle tretenden Werts als Bewertungsobergrenze und dem niedrigeren Teilwert als Bewertungsuntergrenze. Diese Überprüfungspflicht birgt Konfliktpotenzial für Betriebsprüfungen. Das FA wird insbesondere bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, z. B. bei Grund und Boden, sorgfältig prüfen, ob eine früher vorgenomm...