Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Dr. Axel Mutscher
Rz. 522
§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG gilt nach S. 5 nicht, soweit durch die Übertragung im Wege der verdeckten Einlage der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder sich erhöht; in diesen Fällen ist der Teilwert anzusetzen. Das gilt nach S. 6 auch, soweit zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb von 7 Jahren nach der Übertragung des Wirtschaftsguts der Anteil der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut aus einem anderen Grund unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder sich erhöht.
Rz. 523
Zweck dieser Regelung ist es, die Verlagerung von stillen Reserven auf Kapitalgesellschaften oder andere Rechtsträger zu verhindern, bei denen Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG steuerfrei sind oder dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG unterliegen.
Verlagerung von stillen Reserven
Ein Einzelunternehmer möchte ein zu seinem Betriebsvermögen gehörendes Grundstück verkaufen. Als Vehikel zur steuergünstigen Veräußerung benutzt er eine KG, an der er zu 10 % und eine ihm gehörende GmbH zu 90 % beteiligt sind. Er legt das Grundstück verdeckt in die KG ein, was ihm ohne die Regelung des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG vollen Umfangs zum Buchwert möglich wäre. Sodann veräußert er seine Beteiligung an der GmbH, um den hierbei erzielten Veräußerungsgewinn nach dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. a) EStG zu versteuern.
Weitere Beispiele sind: Die Mitunternehmerschaft, in die das Wirtschaftsgut steuerneutral übertragen worden ist, überträgt das Wirtschaftsgut auf die Kapitalgesellschaft. Oder die Mitunternehmerschaft wird später in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt. Jede Umwandlung innerhalb von 7 Jahren nach der Übertragung löst die Nachversteuerung aufseiten des Übertragenden aus. Bei der begünstigten Kapitalgesellschaft liegt eine verdeckte Einlage vor, die auf dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG mit dem Teilwert zu erfassen ist. Der Übertragende hat nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft.
Der BFH sieht jedenfalls bei einer formwechselnden Umwandlung einer KG in eine GmbH einen Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG. Allerdings beschränkt der BFH den rückwirkenden Teilwertansatz auf solche stillen Reserven, die nicht bereit im KSt-Bereich angesiedelt waren. Im Entscheidungsfall war eine GmbH zu 11 % mittelbar an der KG und damit an den dort angesiedelten stillen Reserven beteiligt. Insoweit schied der Teilwertansatz aus. Ebenfalls unschädlich ist eine Übertragung, wenn sich ausschließlich die Beteiligungskette ändert.
Rz. 523a
Kein Fall des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG liegt vor, wenn eine vollentgeltliche Übertragung von Anteilen durch den Einbringenden an eine Körperschaft innerhalb der Sperrfrist im Ergebnis zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in den zuvor eingebrachten Wirtschaftsgütern führt. Grundsätzlich erfüllt der Vorgang zwar die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG. Der BFH stellte aber fest, dass der Gesetzeswortlaut im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend einzuschränken sei, sodass ein Sperrfristverstoß ausscheide, wenn nachträglich ein Anteil einer Körperschaft an einem zuvor zu Buchwerten eingebrachten Wirtschaftsgut innerhalb von sieben Jahren aufgrund eines vollentgeltlichen Beteiligungserwerbs (unmittelbar oder mittelbar) begründet wird.
Rz. 524
Ausgangspunkt für die S. 5 und 6 von § 6 Abs. 5 EStG ist wie im Fall des S. 3, dass ein Gesellschafter einer Personengesellschaft aus seinem Betriebsvermögen ein einzelnes Wirtschaftsgut in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft im Wege der verdeckten Einlage – also ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung – überträgt. Während S. 3 einen Ansatz bei der empfangenden Personengesellschaft mit dem Buchwert ohne Realisierung von stillen Reserven vorschreibt, sehen die S. 5 und 6 ausnahmsweise den Ansatz mit dem Teilwert insoweit vor, als die verdeckte Einlage zugleich einer Mitgesellschafterin in Gestalt einer Körperschaft zugutekommt, also eine mittelbare Zuwendung des Einlegenden an die Körperschaft beinhaltet (disquotale Einlage).
Rz. 524a
Ein Beispiel für eine solche Begünstigung einer Mitgesellschafterin in Gestalt einer Körperschaft bildet eine verdeckte Einlage in eine GmbH & Co. KG. Damit es zu einer Begünstigung der GmbH kommen kann, muss diese als Mitgesellschafterin – anders als üblich – am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft beteiligt sein. Als solche ist sie durch eine verdeckte Einlage eines Mitgesellschafters wie etwa eines Kommanditisten begünstigt, soweit dieser eine disquotale Einlage leistet. Eine solche ist gegeben, wenn sein Beitrag über seine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen hinausgeht und die Mitgesellschafter nicht auch einen Beitrag entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen leisten.