Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
Rz. 52
Ausländische Mitglieder und Beschäftigte der diplomatischen Missionen sowie der konsularischen Vertretungen im Inland sowie deren zum Haushalt gehörende Familienangehörige (Ehegatte, Kinder und Eltern), die weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen noch im Inland ständig ansässig sind, haben keinen Anspruch auf Kindergeld. Denn sie sind nach dem Wiener Übereinkommen v. 18.4.1961 über diplomatische Beziehungen bzw. dem Wiener Übereinkommen v. 24.4.1963 über konsularische Beziehungen von der ESt befreit. Im Inland ansässig ist in diesem Fall jemand, der hier bereits einen Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt hatte, bevor er die Tätigkeit für die diplomatische Mission bzw. konsularische Vertretung aufgenommen hat.
Für ausländische Mitglieder des Botschaftspersonals sowie des dienstlichen Hauspersonals im Besitz eines vom Auswärtigen Amt ausgestellten "Protokollausweis für Ortskräfte" (früher sog. "gelber Ausweis"), aber ohne ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel, die sich rechtmäßig im Inland aufhielten und vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit waren und einer Erwerbstätigkeit nachgingen, hat der BFH eine Gesetzeslücke angenommen und den Ausweis im Weg der Analogie einer zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltsbefugnis gleichgestellt.
Demgegenüber haben ins Ausland entsandte deutsche Staatsangehörige, die Mitglied einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung sind, Anspruch auf Kindergeld. Gleiches gilt für sog. "Ortskräfte" deutscher Dienststellen im Ausland. Hier sind Kindergeldfestsetzungen nur möglich, soweit die "Ortskräfte" auf Antrag als unbeschränkt stpfl. nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt werden und die weiteren Voraussetzungen erfüllen. Ist keine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben, kann dieser Personenkreis ggf. nach dem BKGG berücksichtigt werden.
Rz. 53
Im Inland beschäftigte Bedienstete internationaler Organisationen sind aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen von der ESt befreit. Sie können nur dann anspruchsberechtigt sein, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und im Besitz eines in § 62 Abs. 2 EStG geforderten Aufenthaltstitels sind. Eine Entsendung zur vorübergehenden Dienstleistung im Inland reicht für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 S. 1 EStG nicht aus.
Auf türkische Bedienstete einer amtlichen türkischen Vertretung in Deutschland und ihre Angehörigen sind u. a. die Rechtsvorschriften von Deutschland über das Kindergeld für Arbeitnehmer nicht anwendbar, sofern der Bedienstete weiterhin in das türkische Sozialversicherungssystem eingegliedert ist; dies folgt aus dem bilateral abgeschlossene Sozialabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, das eine Kindergeldberechtigung in Deutschland ausschließt.
Rz. 54
Nichtdeutsche Mitglieder der NATO-Streitkräfte und ihr ziviles Gefolge sowie deren Ehegatten begründen nach Art. X Abs. 1 und 4 des NATO-Truppenstatuts in der Zeit, in der sie sich nur in dieser Eigenschaft im Inland aufhalten, weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Diese Wohnsitzfiktion kann durchbrochen werden, wenn im Inland ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt oder dass eine Behandlung als unbeschränkt stpfl. erfolgt.
Der deutsche Ehegatte eines Mitglieds der NATO-Truppe oder des zivilen Gefolges ist dagegen stets unbeschränkt stpfl. und hat daher Anspruch auf Kindergeld. Für den nichtdeutschen Ehegatten eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges, der die Staatsangehörigkeit eines EU-/EWR-Mitgliedstaates besitzt und in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, kommt ein Anspruch nach dem BKGG in Betracht. Hat der nichtdeutsche Ehegatte allerdings vor der Eheschließung einen den Bezug von Kindergeld berechtigenden Aufenthaltstitel, den er bei Eheschließung verliert und stattdessen unter das Nato-Truppenstatut fällt, bleibt er gleichwohl in analoger Anwendung des § 62 Abs. 2 EStG kindergeldberechtigt.