Rz. 24
Tantiemen und Gewinnbeteiligungen sind i. d. R. keine Versorgungsleistungen, sondern laufende Leistungsentgelte, die einen besonders erfolgreichen Einsatz des Arbeitnehmers in einem bestimmten Zeitraum (regelmäßig: Wirtschaftsjahr) bewirken und vergüten sollen. Deshalb dienen diese Leistungen im Normalfall nicht dem Zweck, den Arbeitnehmer zu versorgen. Eine Pensionsverpflichtung kann aber anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Gewinnbeteiligung oder Tantieme zusagt, deren Auszahlung erst bei Eintritt eines Versorgungsfalls als Kapitalzahlung oder Rentenzahlung bis zur Erschöpfung des Kapitals vorgenommen werden soll. Entscheidend ist, dass nach der vom Arbeitgeber vorgegebenen Zweckbestimmung die Gewinnbeteiligung zur Alterssicherung eingesetzt werden soll und deshalb der Versorgungscharakter so sehr im Vordergrund steht, dass die Leistungen als solche der betrieblichen Altersversorgung erscheinen. Beim sog. Wuppertaler Modell werden z. B. vereinbarungsgemäß pro Gewinnjahr des Unternehmens auf der Basis eines Gewinnanteils vom Arbeitgeber eine versicherungsmathematisch errechnete Kapitalversorgungszusage finanziert. Das bei Eintritt des Versorgungsfalls zur Verfügung stehende Versorgungskapital errechnet sich aus der Summe der einzelnen Versorgungsbeträge.
Eine Vereinbarung, dass die angesammelten Beträge bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers auszuzahlen sind, steht der Annahme von Versorgungsleistungen nicht entgegen. Andererseits ist besonderes Wesensmerkmal für die Abgrenzung zu laufendem Arbeitslohn auch im Fall eines vereinbarten Zahlungsaufschubs bis zum Eintritt eines "biologischen Ereignisses" der Umstand, dass die Zahlungspflicht des Arbeitgebers zumindest dem Grunde nach vom Eintritt des Versorgungsfalls abhängt: Gewinnanteile, die vom Arbeitgeber auszuzahlen sind, auch wenn der Versorgungsfall nicht eintritt (z. B. Arbeitnehmer verstirbt vor Erreichen des Pensionsalters ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene), sind (ggf. nachträgliche) laufende Lohnbezüge, denn sie stellen sich als nachträgliche Lohnzahlung und nicht als Gegenleistung für die erwiesene Betriebstreue dar.
Rz. 25
Altersversorgungen sind freiwillig übernommene Verbindlichkeiten (Vor § 4b EStG Rz. 6). Das Erfordernis der Freiwilligkeit ist allerdings kein Tatbestandsmerkmal, es ist vielmehr als deskriptives Gattungsmerkmal zu verstehen. Es soll damit zum Ausdruck kommen, dass üblicherweise der Arbeitgeber frei entscheiden kann, ob er als Ausdruck der unternehmerischen Fürsorge eine Altersversorgung gewährt. Andererseits hat die Altersversorgung als Gegenleistung für die Betriebstreue des Arbeitnehmers inzwischen auch verstärkt Entgeltcharakter (zeigt sich auch an der kontinuierlich vom Gesetzgeber reduzierten Unverfallbarkeitsfrist, Rz. 3b f.). Somit kann – ohne dass der Gattungsbegriff der Freiwilligkeit verlassen wird – im Einzelfall eine Pensionszusage durchaus als zusätzliche "Vergütung" für besondere Leistungen vereinbart werden, ohne dass daran die Anwendbarkeit des § 6a EStG scheitert. Die Versorgungsleistung bzw. das vom Arbeitgeber hierfür vorgesehene Kapital wird deshalb auch dann nicht Teil der laufenden Lohnzahlungen, wenn Entgeltlichkeit i. d. S. vorliegt, solange nur der Versorgungscharakter erhalten bleibt. Dies gilt auch, wenn nach Eintritt des Versorgungsfalls – etwa nach Erreichen des 65. Lebensjahres – das Arbeitsverhältnis mit dem Begünstigten aufrechterhalten wird und somit gleichzeitig Arbeitslohn und Versorgungsleistungen gezahlt werden, soweit nicht bei der Teilwertberechnung bereits der voraussichtliche spätere Rentenbeginn berücksichtigt wurde (Rz. 86).
Rz. 26
Die Abgrenzung der Versorgungsleistungen von der Lohnzahlung kann gerade im Bereich der unmittelbaren Versorgungszusage des § 6a EStG Schwierigkeiten bereiten, weil die Versorgungsleistung hier vom Arbeitgeber direkt ohne Zwischenschaltung eines Dritten an den Begünstigten gezahlt wird. Der wesentliche Unterschied zur Lohnzahlung ist jedoch auch hier darin zu sehen, dass mit der Versorgungszusage Leistungen versprochen werden, deren Eintritt an Bedingungen geknüpft ist, und deren Höhe und Dauer ungewiss sind. Die Grenze zur Lohnzahlung ist überschritten, wenn dem Arbeitnehmer als Gewinnbeteiligung eines aktiven Dienstjahres ein Kapitalbetrag unbedingt und unentziehbar zugesagt wird, der nach Erreichen einer Altersgrenze in verrenteter Form ausgezahlt werden soll; hier genügt die lediglich zusätzliche Bezeichnung als "Versorgungszahlung" nicht, um die Leistung als Pensionsverpflichtung zu qualifizieren.