5.2.1 Einzelbewertungsprinzip
Rz. 77
Pensionsrückstellungen werden üblicherweise in der Bilanz mit einem Sammelposten ausgewiesen, weil es sich i. d. R. um eine Vielzahl gleichartiger Posten handelt. Gleichwohl ist der Teilwert einer jeden Pensionsverpflichtung grundsätzlich einzeln zu bewerten, weil jede Pensionsverpflichtung ein besonderes, von den anderen Verpflichtungen unabhängiges Wirtschaftsgut darstellt. Die Anwartschaften auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung sind dabei als ein Wirtschaftsgut zusammenzufassen. Einer Zusammenfassung bei der Durchführung der Berechnungsvorgänge steht dies nicht entgegen.
Die Berücksichtigung statistischer Wahrscheinlichkeiten widerspricht dem Einzelbewertungsprinzip nicht. Zwar wird dadurch das Gesetz der großen Zahl auf den Einzelfall angewendet; die einzelne Pensionszusage wird damit aber nicht unselbstständiger Teil der Bewertung eines Risikobestands, wie etwa bei der Bewertung einer Garantierückstellung. Dies wird daran erkennbar, dass die Rückstellung aufzulösen ist, wenn die einem Begünstigten erteilte Pensionszusage wegfällt.
5.2.2 Teilwert
Rz. 78
Der Teilwertbegriff im Rahmen von § 6a EStG entspricht grundsätzlich dem üblichen steuerrechtlichen Teilwertbegriff, allerdings in einer sachspezifischen Ausprägung. Der Teilwert einer Pensionsverpflichtung ist der Wert, den ein fiktiver Erwerber des Betriebs – unter der Annahme seiner Fortführung – als Passivum bei der Betriebsübernahme ansetzen würde. Unter der (betriebswirtschaftlichen) Vorstellung, dass die Zusage einer Pension eine Gegenleistung des Betriebs für die gesamte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellt, würde ein Erwerber den auf die Arbeitszeit vor Betriebsübernahme entfallenden Teil dieser Gegenleistung noch dem Betriebsvorgänger zurechnen und deshalb als Abzugsposten bei der Kaufpreisbemessung behandeln. Neben zeitlichen Faktoren (z. B. Distanz von Stichtag und voraussichtlichem Pensionseintritt) und Wahrscheinlichkeiten (z. B. Lebenserwartung) hängt die Höhe des Teilwerts maßgeblich von der Höhe der zugesagten Leistungen und der Länge der Gesamtarbeitszeit (Verteilungszeitraum) des Begünstigten ab.
§ 6a Abs. 3 EStG enthält eine Sonderregelung für die Bewertung von Pensionsrückstellungen, die den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen des § 6 EStG vorgeht (Rz. 33).
Rz. 79
Das Gesetz stellt in § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 2 EStG unterschiedliche Vorschriften für die Teilwertberechnung auf, je nachdem, ob das Dienstverhältnis beendet ist oder noch besteht. Der Grund dafür besteht darin, dass bei Fortbestehen des Dienstverhältnisses die Ansammlung des notwendigen Rückstellungsvolumens auf die voraussichtliche Dauer des Dienstverhältnisses verteilt werden soll. Ist das Dienstverhältnis beendet, so kommt eine Verteilung auf weitere zukünftige Beschäftigungsjahre nicht in Betracht (Rz. 71). Das ist sowohl bei der vorzeitigen (vor Eintritt des Versorgungsfalls) Beendigung des Dienstverhältnisses der Fall als auch bei Eintritt des Versorgungsfalls, und zwar bei Letzterem unabhängig davon, ob das Dienstverhältnis weiter besteht oder nicht; denn auch bei demjenigen Altersrentner, der trotz Rentenbezugs weiterhin eine aktive Tätigkeit im Betrieb ausübt, ist die prospektive Zeit, auf welche die Rückstellung aus Gründen der richtigen Zuordnung von Rückstellungsaufwand zu Arbeitserträgen zu verteilen ist, mit Eintritt des Versorgungsfalls abgelaufen. Auf diesem Hintergrund wird der Unterschied der gesetzlichen Regelungen in § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 2 EStG verständlich:
- Besteht das Dienstverhältnis über den jeweiligen Bilanzstichtag hinaus weiter, so errechnet sich der Teilwert der Rückstellung am Bilanzstichtag aus dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen abzüglich des Barwerts der auf zukünftige Dienstzeiten entfallenden Zuführungen ("Barwert betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge", § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 1 EStG, besser: Barwert noch ausstehender betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge). Diese ausstehenden Zuführungen werden mitunter auch als "Teilwertprämien" bezeichnet; vgl. Höfer, BetrAVG, Bd. II, Rz. 207.
- Besteht das Dienstverhältnis in der Zukunft nicht mehr, so besteht der Teilwert nur aus dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen, also ohne Abzug betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge.
Nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 2 Halbs. 1 EStG bestehen die "Jahresbeträge" aus dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen, verteilt auf die Anzahl der Jahre zwischen Dienstbeginn und voraussichtlicher Pensionierung. Dabei kommt es auf den tatsächlichen Dienstbeginn an, nicht auf den Zeitpunkt der Zusage. Um der Berechnung stets volle Dienstjahre zugrunde legen zu können, ist der tatsächliche Dienstbeginn auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurückzubeziehen. Da die damit bezweckte Vereinfachung nur bei einem kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahr eintritt, ist dies so auszulegen, dass unabhängig von der Laufzeit eines Wirtschaftsjahres, also auch bei abweichenden oder Rum...