Rz. 16

Nach der Rspr. des BFH und der h. M. war § 6b EStG bis zu der Einfügung des § 6b Abs. 10 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002[1] als eine personenbezogene Steuervergünstigung zu verstehen.[2] Die Vorschrift soll danach denjenigen begünstigen, der den Veräußerungsgewinn zu versteuern hat.[3] Die h. M. knüpft an die Grundentscheidung des deutschen ESt-Rechts an, dass die Personengesellschaft trotz ihrer gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Verselbstständigung als Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung einkommensteuerrechtlich kein selbstständiges Rechtssubjekt ist, dem Einkommen zugerechnet wird. Rechtssubjekte sind danach die Mitunternehmer, die den Veräußerungsgewinn auf der Grundlage der bei der Personengesellschaft erfolgten Gewinnfeststellung zu versteuern haben.[4]

 

Rz. 17

Nach dieser Auffassung wird die für die Anwendung von § 6b EStG erforderliche Identität zwischen Veräußerer (Gesellschaft) und Stpfl. (Gesellschafter) auch dann als gegeben angesehen, wenn sich das veräußerte Wirtschaftsgut im Gesamthandseigentum der Gesellschaft befunden hat. § 6b EStG lässt es dann auch zu, Rücklagen, die im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gebildet worden waren, auf Wirtschaftsgüter in einem anderen Betrieb oder Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers zu übertragen, soweit ihm der Veräußerungsgewinn anteilig zuzurechnen ist[5]; umgekehrt können aufgedeckte stille Reserven aus einem Einzelunternehmen oder einem Sonderbetriebsvermögen eines Stpfl. auf Anschaffungs-/Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, an der der Stpfl. beteiligt ist, übertragen werden (R 6b.2 Abs. 6, 7 EStR 2012). Die Personengebundenheit der Steuervergünstigung hat auch zur Folge, dass etwa bei Veräußerung eines zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts nur der betreffende Mitunternehmer das Wahlrecht nach § 6b Abs. 3 EStG ausüben kann.[6] Diese Grundsätze gelten für eine Kapitalgesellschaft, die als Mitunternehmer an einer Personengesellschaft beteiligt ist, entsprechend (R 8.1 KStR 2022).[7]

Rz. 18–24 einstweilen frei

[1] G. v. 24.3.1999, BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 30.
[2] Vgl. grundlegend BFH v. 10.7.1980, IV R 136/77, BStBl II 1981, 84; BFH v. 7.11.2000, VIII R 27/98, BFH/NV 2001, 262; Heger, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6b EStG Rz. A 17; Loschelder, in Schmidt, EStG, 2023 § 6b EStG Rz. 4; Liebl, in Kirchhof/Seer EStG, § 6b EStG Rz. 1; a. A. insbes. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 10 I 1b.
[4] Hänsch, BBK 2016, 183.
[5] OFD Münster v. 2.4.2004, Kurzinfo ESt Nr. 12/2004; Neufang/Otto, StB 2011, 308.
[7] Anm. der OFD Magdeburg v. 29.5.2013, S 2139-11-St 213 V, im BMF v. 29.2.2008, IV B 2-S 2139/07/0003, BStBl I 2008, 495; BMF v. 29.2.2008 ist nicht mehr anzuwenden für Steuertatbestände, die nach dem 31.12.2008 verwirklicht werden, da nicht in der Positivliste des BMF v. 23.4.2010, BStBl I 2010, 391 enthalten. Die Anwendung bleibt unberührt für die vor dem 1.1.2009 verwirklichten Steuertatbestände.

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