Rz. 1

§ 74 EStG wurde durch das JStG 1996 im Zusammenhang mit der Umgestaltung des bisherigen Kinderlastenausgleichs zum sog. Familienleistungsausgleich mit Geltung ab Vz 1996 eingefügt (zur Rechtsentwicklung s. § 31 EStG Rz. 3ff.). Durch das (erste) FamFG v. 22.12.1999[1] wurde in Abs. 1 die Möglichkeit der Zahlung des Kindergelds an den Ehegatten des Kindergeldberechtigten für den Fall, dass dieser seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehegatten nicht nachkommt, ausgeschlossen, da das Kindergeld nicht als Unterhaltsersatz für den Ehegatten gedacht ist. Die Abzweigung war auf das "normale" Kindergeld i. S. v. § 66 Abs. 1 S. 1 EStG a. F. beschränkt. Das nach § 66 Abs. 1 S. 2 EStG a. F. früher gewährte Teilkindergeld für volljährige behinderte Kinder war von der Abzweigung ausgeschlossen. Die Abs. 3 und 4 (Überleitung auf den Kostenträger) wurden aufgehoben. Sie ermöglichten es, das Kindergeld im Fall der Unterbringung des Kindergeldberechtigten in einer Anstalt oder Einrichtung an die Stelle zu zahlen, der die Kosten der Unterbringung zur Last fallen. Die Regelung wurde gestrichen, weil das Kindergeld nicht dazu dient, die Kosten der Unterbringung des Kindergeldberechtigten (z. B. in einer Strafanstalt) zu mindern. Regelmäßig wird in diesen Fällen eine andere Person oder Stelle dem Kind Unterhalt gewähren, sodass ihr das Kindergeld nach Abs. 1 S. 4 auszuzahlen ist.

Durch das 2. FamFG v. 16.8.2001[2] wurde Abs. 1 S. 1 redaktionell an die Aufhebung des § 66 Abs. 1 S. 2 EStG angepasst. Diese Vorschrift regelte das Teilkindergeld für behinderte Kinder. Sie wurde ersatzlos gestrichen, da sie nach der Rspr. des BFH praktisch ohne Anwendungsbereich war.

Ferner wurde der bisherige Abs. 2 des § 74 EStG ersatzlos gestrichen. Danach konnte bei Unterbringung eines Kindergeldberechtigten aufgrund richterlicher Anordnung länger als einen Monat in einer Anstalt oder Einrichtung (z. B. Strafanstalt, Entziehungsanstalt) das Kindergeld an den Unterhaltsberechtigten (das Kind) ausgezahlt werden, soweit der Kindergeldberechtigte gesetzlich unterhaltspflichtig war und er oder die Unterhaltsberechtigte dies beantragten. Nach der Aufhebung der Regelung ist eine Zahlung an den Unterhaltsberechtigten nicht mehr möglich. Die Vorschrift wurde für entbehrlich gehalten[3], da in diesen Fällen regelmäßig eine andere Person oder Stelle dem Kind Unterhalt gewährt, die das Kindergeld nach Abs. 1 S. 4 an sich auszahlen lassen kann. Im Übrigen sieht Abs. 1 S. 1 eine Auszahlung an das Kind selbst vor.

Mit Bekanntmachung v. 8.10.2009[4] wurde das EStG neu gefasst. § 74 EStG blieb unverändert.

[1] BStBl I 2000, 4.
[2] BStBl I 2001, 533.
[3] BT-Drs. 14/6160, 14.
[4] BStBl I 2009, 3366.

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