Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
5.1 Wirkung von Abs. 4
Rz. 23
Aus der Begründung zum Regierungsentwurf des Steuerreformgesetzes 1974 ergibt sich, dass durch die Regelung in § 7a Abs. 4 EStG der bis dahin in zahlreichen Einzelvorschriften festgelegte Grundsatz geregelt werden sollte, dass neben Sonderabschreibungen nur lineare und nicht auch degressive Absetzungen (§ 7 Abs. 2 EStG) vorgenommen werden können. Die Vorschrift des § 7a Abs. 4 EStG bezieht sich seit dem Vz 1985 auf bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter. § 7a Abs. 4 EStG hatte mit Auslaufen von § 7 Abs. 2 EStG zum 31.12.2010 zwischenzeitlich keine praktische Bedeutung mehr; die damals einzig verbliebene Sonder-AfA in § 7g Abs. 5 EStG sah ausdrücklich eine Ausnahme von § 7a Abs. 4 EStG vor.
Mit der zeitlich begrenzten Wiedereinführung der degressiven AfA (§ 7 Abs. 2 EStG für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2023 angeschafft oder hergestellt worden sind, hat sie diese Bedeutung jedoch wiedererlangt. Nach dem Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes soll die degressive Abschreibung auch für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden können, die nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind.
Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen hat während des Begünstigungszeitraums grundsätzlich keine Auswirkung auf die daneben vorzunehmenden linearen AfA (§ 7a Abs. 9 EStG: "nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums"), die sich unverändert von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts berechnen.
Wird allerdings neben den Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG zulässigerweise degressive AfA nach § 7 Abs. 2 EStG in Anspruch genommen, mindern die Sonderabschreibungen den Restwert des Wirtschaftsguts bereits im Jahr der Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen und damit die Bemessungsgrundlage für die degressiven AfA des Folgejahrs (anders bei linearer AfA und § 7g EStG).
Degressive AfA und Sonderabschreibung
A schaffte am 1.7.2020 eine Maschine mit einer Nutzungsdauer von 8 Jahren und Anschaffungskosten von 100.000 EUR an. Die Maschine soll mit dem Höchstsatz degressiv nach § 7 Abs. 2 EStG abgeschrieben werden. Außerdem sollen im Jahr 2020 Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG in voller Höhe in Anspruch genommen werden.
Entwicklung der Abschreibungen: |
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Anschaffungskosten 2020 |
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100.000 EUR |
Sonderabschreibungen 2020 (20 % v. 100.000 EUR) |
20.000 EUR |
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degressive AfA 2010 (30 % v. 100.000 EUR x 6/12) |
15.000 EUR |
35.000 EUR |
Buchwert 31.12.2021 |
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65.000 EUR |
degressive AfA 2021 (30 % v. 65.000 EUR) |
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19.500 EUR |
Buchwert 31.12.2021 |
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45.500 EUR |
Während des Begünstigungszeitraums eintretende Veränderungen der AfA-Bemessungsgrundlage haben grundsätzlich nur Auswirkungen auf die Sonderabschreibungen. Sie erhöhen nicht wie ansonsten üblich auch die Bemessungsgrundlage für die normalen AfA; allerdings enthält § 7a Abs. 1 EStG für nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten Sondervorschriften (Rz. 10ff.). Im Übrigen greift § 7a Abs. 9 EStG als Sondervorschrift ein, indem erst nach Ablauf des Begünstigungszeitraums eine Neuberechnung der normalen AfA vorgesehen ist.
5.2 Zulässigkeit der Sonder-AfA nach einem Wechsel zur linearen AfA
Rz. 24
Nach einem Wechsel von der degressiven zur linearen AfA (vgl. § 7 Abs. 3 EStG) können für etwa noch verbliebene Jahre im Begünstigungszeitraum Sonderabschreibungen vorgenommen werden,, allerdings ohne Möglichkeit der "Aufholung" bereits abgelaufener Jahre). § 7a Abs. 4 EStG bezieht sich nur auf die zeitgleiche kumulative Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen und degressiver AfA in ein und demselben Veranlagungszeitraum. Die Vorschrift verwendet ausschließlich die Gegenwartsform ("werden" und "sind") und enthält damit keinen Hinweis darauf, dass in der Vergangenheit vorgenommene degressive AfA eine Sonderabschreibung ebenfalls hindern. Der Gesetzgeber hätte indes eine auf den gesamten Begünstigungszeitraum bezogene Betrachtung unschwer eindeutig anordnen können; außerdem bestimmt § 7a EStG ausdrücklich, dass dort angeordnete Rechtsfolgen für jedes Jahr (Abs. 3) bzw. jedes nachfolgende Jahr (Abs. 1) des AfA-Begünstigungszeitraums gelten sollen. Der Gesetzgeber hat also dort, wo er eine jahresübergreifende Bindung an eine bestimmte abschreibungsrechtliche Behandlung herstellen wollte, eine eindeutige Formulierung gewählt. Im Umkehrschluss kann nur gefolgert werden, dass Sonderabschreibungen nach einem Übergang zur linearen AfA grundsätzlich zulässig sind. Zulässig ist zudem die Vornahme von Sonderabschreibungen nach einem rückwirkenden Wegfall der Voraussetzungen für die Sonderabschreibung. In diesem Fall hat der Stpfl. (wieder) die Wahl zwischen degressiver und linearer AfA. Nach ...