Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 73
Eine natürliche Person ist gem. § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 1 EStG a. F. nur dann als Existenzgründer anzusehen, wenn sie innerhalb der letzten 5 Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung
- weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als einem Zehntel an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war,
- keine Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1-3 EStG erzielt hat.
Wird eine Rücklage schon vor Abschluss der Betriebseröffnung gebildet, darf in den letzten 5 Jahren vor Rücklagenbildung keine schädliche Tätigkeit oder Beteiligung vorgelegen haben. Selbst ein kurzfristiger Durchgangserwerb (z. B. Erbfall mit anschließender Erbauseinandersetzung) verhindert nach dem Wortlauf der Vorschrift die Förderung. M. E. liegen aber bei sofortiger Erbauseinandersetzung, die zulässigerweise rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erbfalls vorgenommen wird, wenn der Stpfl. keine Gewinneinkunftsart mehr verwirklicht, keine für die Existenzgründereigenschaft schädlichen Einkünfte vor.
Nach dieser sehr engen Definition ist es einem Land- und Forstwirt versagt, eine Existenzgründerrücklage anlässlich der Gründung eines Gewerbebetriebs zu bilden. Auch spielt es keine Rolle, wie lange die Einkunftserzielung währt; ebenfalls ist die Einkunftshöhe ohne Bedeutung, sogar Verluste sind Einkünfte i. S. d. EStG und damit förderschädlich. Eine Bagatellgrenze gilt insoweit nach Verwaltungsauffassung nicht. Es ist also auch unerheblich, ob in der genannten Zeit positive oder negative Gewinneinkünfte erzielt wurden. Selbst eine artverwandte Tätigkeit ist schädlich, wenn nicht dieselbe Tätigkeit fortgesetzt wird. Fraglich ist, ob dann, wenn eine Tätigkeit so geringfügig ist, dass sie "quasi nicht ins Gewicht fällt", eine Ausnahme von der starren Handhabung zu machen ist. Da der Gesetzgeber allerdings bei Subventionsnormen einen weiten gesetzgeberischen Spielraum hat, sind lediglich extreme Ausnahmefälle denkbar, z. B.
- Erzielung geringfügiger nachträglicher Einnahmen aus früherer Tätigkeit gem. § 24 Nr. 1 EStG. In dem zuletzt genannten Fall war die Tätigkeit bei Einnahmeerzielung schon beendet, es werden aber dennoch Einnahmen erzielt.
- Erzielung insgesamt steuerfreier Einkünfte, z. B. aus ehrenamtlicher Tätigkeit.
Insoweit ist m. E. eine einschränkende Auslegung des zu weiten Wortlauts vorzunehmen.
Ist bei der Neugründung eine andere Personengesellschaft beteiligt, müssen auch die dortigen Mitunternehmer Existenzgründer sein (§ 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 2 EStG a. F.). Beispiele für Förderschädlichkeit:
- Dr. A ist bisher angestellter Krankenhausarzt und möchte sich selbstständig machen. Falls er – wenn auch nur in geringfügigem Umfang – in den letzten Jahren selbstständige Vertretungen von Kollegen übernommen hat, ist er nicht Existenzgründer.
- Bereits geringe Betriebseinnahmen aus schriftstellerischer oder Vortragstätigkeit sind schädlich.
- Minimalbeteiligungen an einem (Familien-)Betrieb sind förderschädlich, sogar wenn nur Verluste entstanden sind, ebenso gewerbliche Einkünfte eines Nur-Besitzgesellschafters bei einer Betriebsaufspaltung. Auch die Verpachtung eines Gewerbebetriebs ohne Aufgabeerklärung ist nach dem Wortlaut schädlich.