Rz. 1

Die Vorschrift befasst sich mit den einkommensteuerlichen Auswirkungen des umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzugs. Dieser ist als wesentlicher Teil des Mehrwertsteuersystems zum 1.1.1968 eingeführt worden. Zuvor war die bis dahin erhobene USt kumulativ, d. h. ohne gesonderten Ausweis in den Anschaffungs- und Herstellungskosten enthalten. Zum gleichen Zeitpunkt wurde § 9b EStG durch G. v. 22.12.1967[1] eingeführt. Die Vorschrift bestimmt, dass die abziehbare Vorsteuer nicht zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts rechnet. Das Umsatzsteuerrecht sieht grundsätzlich vor, dass ein Unternehmer Vorsteuern von seiner USt-Schuld abziehen kann und ggf. erstattet erhält. Vorsteuerabzugsberichtigungen nach § 15a UStG beeinflussen die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht. Sie werden als Betriebseinnahmen oder Einnahmen bzw. Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt, soweit sie im Rahmen einer der Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 EStG) bezogen werden oder Minderbeträge durch den Betrieb veranlasst sind oder sie dem Erwerb, der Sicherung und Erhaltung von Einnahmen dienen.

 

Rz. 2

Nach § 9b Abs. 1 EStG gehört die nach § 15 UStG abzugsfähige Vorsteuer nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts. Die Vorschrift dient also dazu, die (neutrale) Vorsteuer aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten herauszuhalten. Die Vorsteuer hat keinen Kostencharakter. Sie ist entsprechend dem System des Umsatzsteuerrechts kostenneutral zu stellen. Denn wirtschaftlich betrachtet ist die abzugsfähige USt ein durchlaufender nicht definitiver Betrag.

 

Rz. 3

Ist die USt bei einem Leistungsempfänger aus irgendeinem Grund (Rz. 29ff.) nicht abzugsfähig, so ist sie definitiv und zählt folgerichtig zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese Zurechnung gilt sowohl für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als auch für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens. In die Herstellungskosten sind die auf den Materialeinsatz und die Gemeinkosten entfallenden nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge einzubeziehen (R 9b Abs. 1 S. 3 EStR 2012).

 

Rz. 4

§ 9b Abs. 1 EStG hat in seiner Grundaussage klarstellende, bestätigende Wirkung. Es ist m. E. nicht denkbar, dass Unternehmen, die grundsätzlich von der USt entlastet werden sollen, die Vorsteuer zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten rechnen könnten. Etwas anderes gilt für § 9b Abs. 2 EStG, der die Folgen einer Vorsteuerberichtigung als Einnahmen oder Ausgaben behandelt und nicht an Anschaffungs- oder Herstellungskosten anknüpft. § 9b Abs. 2 EStG beinhaltet daher eine Rechtsfolgeverweisung[2]. § 9b EStG richtet sich nach den Bestimmungen des Umsatzsteuerrechts, d. h, es ist als Vorfrage zu klären, ob die jeweiligen Tatbestandsmerkmale des UStG vorliegen. Dabei ist der Begriff "Vorsteuer" nach den Regelungen des UStG, der Begriff "Wirtschaftsgut" hingegen nach ertragsteuerlichen Vorgaben zu bestimmen.

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